Tierwohl als Wohlbefinden für den Menschen
Tierwohl ist alles andere als ein Luxusproblem, denn es betrifft die Gesundheit der Menschen ebenso wie deren Ernährungssicherheit. Seit zehn Jahren engagieren sich die Welttierschutzstiftung und Welttierschutzgesellschaft in Afrika und sie konnten dort nachhaltige Veränderungen anstoßen.
10 Jahre Welttierschutzstiftung
Am 19. Juni feierte die Welttierschutzstiftung (WTS) ihr zehnjähriges Jubiläum. Zusammen mit ihrer Mutterorganisation, der Welttierschutzgesellschaft (WTG), engagiert sich die WTS für das Tierwohl im Globalen Süden. Dabei denken beide Organisationen die Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt mit („One-Health“-Ansatz). Unter Tierwohl beziehungsweise „animal walfare“ wird die körperliche und mentale Gesundheit des Tieres verstanden. Hinzu kommt die Möglichkeit für das Tier, ein Leben zu führen, dass seiner Evolution entspricht.
Auswirkungen des Tierwohls auf den Menschen
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Tierwohl sei ein Luxusproblem. Immerhin gibt es auf der Welt genug Probleme wie Kriege und Armut. Und doch gilt, dass Tierwohl kein Luxus ist, sondern das Wohlergehen auch der Menschen nachhaltig verbessern kann. Zum einen steigert Tierwohl die Erträge aus der Viehzucht. Für viele Länder in Afrika, wo die Landwirtschaft weiterhin der wichtigste Wirtschaftszweig ist, keine unbedeutende Tatsache. Zum anderen können gesunde Tiere dazu beitragen, dass sich keine Zoonosen mehr ausbreiten. Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragbar sind. Sie machen mittlerweile rund 70 Prozent aller Infektionskrankheiten weltweit aus. Drittens aber hat sich erwiesen, dass das Verständnis der Bäuer*innen für ihre Tiere auch zu einem besseren Zusammenleben zwischen den Menschen einer Gemeinde führt. Dies liegt wohl daran, dass die Menschen durch einen achtsameren Umgang mit Tieren generell ein mehr an Mitgefühl entwickeln. Aufgrund dieser Gemengelage haben mehrere afrikanische Staaten ein großes Interesse an den beiden Programmen „Vets United“ und „Tierwohl in der Entwicklungszusammenarbeit“, die von der WTG und WTS initiiert wurden.
Das Programm „Vets United“
„Vets United“ richtet sich vor allem an afrikanische Tiermediziner*innen (Dozent*innen, Studierende, Tierärzt*innen und deren Fachpersonal). Ihnen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, das Tierwohl in der breiten Bevölkerung auf dem Kontinent zu verankern. Die Dozent*innen vermitteln Wissen an die Veterinär*innen, die vor Ort die Tierhaltung verbessern und Einfluss auf Forschung und Gesetzgebung zu Tierwohl nehmen. Durch „Vets United“ wurden seit 2015 über 5.000 Tiermediziner*innen unter anderem in Kenia, Ruanda und Liberia aus- und weitergebildet. Die Schulungsteilnehmer*innen reagierten positiv auf die Inhalte und bildeten aus eigner Initiative Vereine. Diese Vereine klären die Bevölkerung mittels Infoveranstaltungen, Radiosendungen und Theaterstücke über Tierwohl auf. Tierärzt*innen und deren Fachpersonal arbeiten zudem mit den Tierhalter*innen zusammen und konnten sie für die Bedürfnisse der Tiere sensibilisieren. Dies führte zu einer besseren Wasser- und Futtergabe an die Tiere.
Das Programm „Tierwohl in der Entwicklungszusammenarbeit“
„Tierwohl in der Entwicklungszusammenarbeit“ richtet sich direkt an afrikanische Tierhalter*innen. Bei dem Pilotprojekt in Ruanda zwischen 2021 und 2023 wurden sehr gute Ergebnisse erzielt. 1.800 Bäuer*innen wendeten die in den Schulungen erlernten Inhalte an und steigerten dadurch die Erträge ihrer Viehhaltung. Dies kam daher, weil die Tiere nun gesünder blieben und entsprechend länger lebten. Damit verbesserte sich auch die bäuerliche Lebenssituation und die Bäuer*innen reagierten auf „Tierwohl in der Entwicklungszusammenarbeit“ sehr positiv.
Ergebnisse der Jubiläumsveranstaltung
Bei der Jubiläumsveranstaltung erklärte die vegane Köchin Sophia Hoffmann, dass auch der Globale Norden bezüglich des Tierwohls Nachsitzen müsse. So sprenge etwa der Konsum tierischer Produkte in den westlichen Ländern die planetaren Grenzen und müsse daher der Anteil pflanzlicher Ernährung erhöht werden. Der ökologische Landwirt Felix Prinz von Löwenstein wies darauf hin, dass für ein Mehr an Tierwohl andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen. So müssten etwa die Bäuer*innen hierzulande neue Ställe einrichten, um ihre Tiere besser halten zu können. Dies müsse finanzierbar sein. In Afrika gebe es hingegen das Problem der Überweidung der Allmende. Allmende ist die Bezeichnung für das von Dorfgemeinschaften gemeinschaftlich genutzte Land. Laut ihm sei eine Möglichkeit, das Problem zu lösen, die Rinder eingezäunt grasen zu lassen. Diese Einzäunung müsse von Zeit zu Zeit örtlich versetzt werden. Laut Britt Reichelt- Zolko vom NABU können sich viele Menschen in Afrika keine tierischen Produkte leisten. Zugleich leben andere Afrikaner*innen mit ihren Nutztieren in der Nähe von Naturschutzgebieten, die nicht eingezäunt seien. Hier mache es Sinn, eingezäunte Dörfer zu errichten, um keine Zoonosen aufkommen zu lassen.
Aleksandar Abramović