Berlin schreibt Weltgeschichte: Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte beschließt Umbenennung der M*straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße

Berlin schreibt Weltgeschichte: Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte beschließt Umbenennung der M*straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße

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Nur zwei Tage vor dem erneut von Aktivist*innen geplanten „Umbenennungsfest“ erreicht uns die Meldung, dass am gestrigen 20. August 2020 die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Berlin-Mitte der Umbenennung der diskriminierenden Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße zugestimmt hat. Der Verein Berlin Postkolonial begrüßt diesen Beschluss als international sichtbares Zeichen gegen Rassismus im öffentlichen Raum und als überfällige Würdigung einer herausragenden Persönlichkeit afrikanischer Herkunft in Deutschland.

Die Berliner Mohrenstraße wurde 1706/07 nach den zumeist minderjährig an den brandenburgisch-preußischen Hof verschleppten Menschen afrikanischer Herkunft benannt, die im Schloss und in den Palais der königlichen Familie entlang der Markgrafenstraße als Hof- und Kammer-M. dienen mussten. Der Straßenname wurde seit der Benennung des gleichnamigen U-Bahnhofs 1990 von einer wachsenden Zahl an Aktivist*innen und Organisationen der afrikanischen und Schwarzen Communities in Deutschland und Berlin sowie von solidarischen Initiativen als diskriminierend kritisiert. Seit 2014 organisiert das Bündnis DECOLONIZE Berlin e.V. in der Straße ein jährliches „Umbenennungsfest“. Eine vom Bündnis gestartete online-Petition für eine Umbenennung in Würdigung Anton Wilhelm Amos hat mittlerweile über 13.000 Unterstützer*innen gefunden.

Anton Wilhelm Amo wurde zur Zeit der Straßenbenennung in Berlin als Kleinkind von der Niederländischen Westindischen Kompagnie aus dem heutigen Ghana nach Europa gebracht und dort an den Herzog Anton Ulrich zu Braunschweig und Lüneburg und dessen Sohn August Wilhelm „verschenkt“. Wie nur wenigen seiner Leidensgefährt*innen an den europäischen Höfen wurde ihm eine umfangreiche Bildung zuteil: Amo lernte mehrere alte und neue Sprachen, studierte Recht und Philosophie und lehrte an der berühmten preußischen Universität Halle sowie in Jena und Wittenberg. Überliefert ist, dass er 1729 in seiner Hallenser Disputation die unklar definierten „Rechte Schwarzer Menschen in Europa“ genauer zu bestimmen suchte und dabei auf ihre Gleichberechtigung im Römischen Recht verwies. Nach einer gegen ihn gerichteten rassistischen Kampagne kehrte Amo um 1747 in sein Geburtsland zurück.

Mnyaka Sururu Mboro, Sprecher von Berlin Postkolonial: „Das ist ein großartiger Tag: Berlin verbannt eine Beleidigung aus dem Stadtraum und ehrt mit Amo einen widerständigen Gelehrten aus Afrika! Unser Dank gilt zuerst den afrikanischen und Schwarzen Aktivist*innen, dann aber auch den solidarischen Initiativen, die nie aufgegeben und sich über Jahrzehnte hinweg für eine Umbenennung engagiert haben. Nun lasst uns die Umbenennung gemeinsam feiern!“

Beschluss der BVV: https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksverordnetenversammlung/online/vo020.asp?VOLFDNR=10138#allrisSV

Online-Petition: https://www.change.org/p/der-bezirksbürgermeister-von-berlin-mitte-kein-kolonialrassismus-im-öffentlichen-raum

Veranstaltungen:

21.08.20 um 17 Uhr (U-Bhf. Mohrenstraße): „Dekoloniales Flanieren“ der Nachbarschaftsinitiative Anton-Wilhelm-Amo-Straße (HU Berlin): https://www.euroethno.hu-berlin.de/de/veranstaltungen/2020/dekolonial/dekoloniales-flanieren

23.08.20 um 13 Uhr (Humboldt Forum, ab 14:30 Uhr Hausvogteiplatz): Letztes Umbenennungsfest für die Berliner M-Straße