Das NGO-Bündnis Decolonize Mitte kritisiert die CDU von Berlin-Mitte für ihren unehrlichen Umgang mit der deutschen Kolonialgeschichte. Statt der drei Begründer deutscher Kolonien in Afrika sollen im Afrikanischen Viertel Persönlichkeiten des antikolonialen Widerstandes mit Straßennamen geehrt werden.

Foto: Afrika Medien Zentrum

Vor gut 30 Jahren leistete sich der damalige Berliner Bezirk Wedding ein erinnerungspolitisches Kabinetstückchen, das bei den mittlerweile zahlreichen Besucher_innen des „Lern-und Erinnerungsortes Afrikanisches Viertel“ regelmäßig für fassungsloses Kopfschütteln sorgt. Statt auf die damals aufkommende Kritik an der im Nationalsozialismus zu Ehren des berüchtigten Kolonialbegründers Carl Peters (1856-1918) benannten Petersallee mit einer Umbenennung zu reagieren, beschlossen die Weddinger Abgeordneten, an der Straße ein erklärendes Zusatzschild mit der Aufschrift „Prof. Dr. Hans Peters, Stadtverordneter“ anzubringen. Sie lieferten damit ein Paradebeispiel für die anhaltende Leugnung und Verdrängung der Geschichte des Kolonialismus und Rassismus durch Deutschlands und Europas weiße Bevölkerungsmehrheit.

Im Sinne der für sie „bewährten Vorgehensweise“ will die CDU-Fraktion von Berlin-Mitte nun laut eines heute in der Bezirksverordnetenversammlung zu besprechenden Antrags auch den wahren historischen Kontext von zwei weiteren Straßennamen in Deutschlands größtem Kolonialviertel vergessen machen. Die Lüderitzstraße wurde 1902 „zu Ehren des Begründers des deutschen Kolonialwesens“ nach dem Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz (1834-1886) benannt. Der Nachtigalplatz glorifiziert seit 1910 Gustav Nachtigal (1834-1885), Bismarcks Reichskommissar für Westafrika, den Gründer der ehemaligen deutschen Kolonien Togo und Kamerun. Beide Straßen sollen nun wie die Petersallee mit Zusatzschildern versehen werden. Auf denen wären dann als Namensgeber der beiden Straßen die von Adolf Lüderitz selbst benannte Stadt Lüderitz im Süden Namibias sowie der Theologe und Schriftsteller Johann Karl Christoph Nachtigal angegeben.

Das NGO-Bündnis Decolonize Mitte protestiert entschieden gegen diesen weiteren von der CDU vorgeschlagenen Etikettenschwindel. Wir fordern alle Fraktionen der BVV Berlin-Mitte auf, den würdelosen CDU-Antrag entschieden zurückzuweisen und sich dabei für die überfällige Umbenennung der drei Straßen im Afrikanischen Viertel auszusprechen, die bis heute erwiesene Kolonialverbrecher ehren. Der kolonialhistorische Kontext der ursprünglichen Benennungen soll dabei nicht geleugnet sondern durch die Ehrung verdienter Persönlichkeiten des antikolonialen Kampfes in Afrika gewahrt und an Infostellen ausführlich erläutert werden.

Tahir Della vom Bündnis Decolonize Mitte sagt: „Der Versuch, durch derart schäbige Tricks die kritische Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte zu verhindern und die damit verbundenen Verbrechen unsichtbar zu machen, wird auf lange Sicht scheitern. Denn soviel ist sicher: Als Nachfahren der Kolonisierten werden wir und unsere Verbündeten von unserer Forderung nach einer verantwortungsbewussten Aufarbeitung, die auch Wiedergutmachung einschließt, nicht mehr ablassen.“