Heiße Phase: die letzte Woche vor den Wahlen in Südafrika
Der achte Mai rückt näher, und so geht der Wahlkampf in die letzte Runde. Wer schafft es, noch unentschlossene Wähler*innen von sich zu überzeugen?
Südafrikanische Medien sprechen von der wichtigsten und wettbewerbsintensivsten Wahl seit 1994, und das, obwohl sich voraussichtlich nichts an der führenden Position der African National Congress Partei (ANC) ändern wird. Prognosen des Marktforschungsinstituts Ipsos zufolge wird die Partei mit zwischen 54 und 61 Prozent der Stimmen auch nach der Wahl erneut als stärkste Kraft im Parlament vertreten sein. Das würde zwar heißen, dass die – einst unter Mandela, Sisulu und anderen bedeutenden Persönlichkeiten für die südafrikanische Freiheit, für einen Neuanfang stehende – ANC weniger Wähler*innen als je zuvor in einer landesweiten Abstimmung erreicht. Nichtsdestotrotz scheint es zumindest sicher, dass sie als Sieger aus der Wahl hervorgehen sollte.
Ipsos sagt weiter, dass die konservative Democratic Alliance (DA) um die 15 Prozent erreichen werde, womit sie ebenfalls an Sitzen verlöre. Gegenüber der ANC und der DA soll eine andere Partei den Hochrechnungen zufolge Boden gut machen: Die linksradikale Economic Freedom Fighters Partei (EFF) unter Julius Malema, die 2014 noch bei gut sechs Prozent der Stimmen lag, würde nun auf knapp zehn Prozent kommen und dadurch ihre Stellung als drittstärkste Partei festigen.
Insgesamt haben sich fast 27 Millionen Südafrikaner*innen für die am achten Mai 2019 stattfindende Wahl registriert. Ein besonderes Datum, das ein Viertel Jahrhundert freier Wahlen markiert. Obwohl sich im Vergleich zu den letzten nationalen Wahlen 2014 sogar rund 1,3 Millionen mehr Menschen offiziell für die Wahl anmeldeten, taten dies zehn Millionen nicht, unter ihnen größtenteils die Jugend.
Möglicher Wendepunkt
Entscheidend für die Zukunft des Staates wird sein, ob das Mandat Cyril Ramaphosas stark genug sein wird, um innerhalb der eigenen Reihen aufzuräumen, Korruption zu bekämpfen und lang überfällige, zukunftsweisende Schritte einzuleiten – besonders in den Bereichen Gesundheit und Arbeit.
Analyst*innen sagen, dass die Wahlen einen Wendepunkt markieren könnten. Sollte der ANC bei der Wahl schlecht abschneiden, könnte es dazu kommen, dass Ramaphosa schnell aus seinem Amt als Vorsitzender der Partei vertrieben wird und die Parteimitglieder weiter ihren alten, korrupten Mustern folgen. Somit könnte den Gewerkschaftsführer, Politiker und Unternehmer ein ähnliches Schicksal ereilen wie schon seinen Vorgänger Jacob Zuma. Dieser hatte im Gegensatz zu Ramaphosa jedoch sowohl mit Korruptions- als auch Vergewaltigungsvorwürfen, die sich über die Jahre seiner Präsidentschaft zunehmend verhärteten, zu kämpfen und musste rechtens seinen Platz räumen.
Am nächsten Wochenende werden der ANC sowie die EFF ihre Abschlusskundgebungen in Gauteng abhalten. Der südafrikanischen Provinz, in der nicht nur mehr als 23 Prozent aller Wähler*innen registriert sind, sondern auch der Provinz, die Schauplatz der historisch bedeutendsten Ereignisse Südafrika war. Interessant wird es sein nachzuverfolgen, welchen Ton die Parteivorsitzenden anschlagen werden, und wer eventuell noch unentschlossene Wähler*innen in den letzten Tagen des Wahlkampfes für sich gewinnen kann.
Annabella Backes