Niger: Putschisten halten Präsident Bazoum fest

Niger: Putschisten halten Präsident Bazoum fest

0 1405
Bilder aus Niamey nach dem militärischen Angriff. © privat
Bilder aus Niamey nach dem militärischen Angriff. © privat

Mit einem unerwarteten Militärputsch reiht sich Niger in eine Reihe von Putschen in der Sahelregion ein.

Am Morgen des 26. Juli wurde Präsident Mohamed Bazoum von Putschisten inhaftiert und im Präsidentenpalast festgehalten. Innenminister Hamadou Souley wurde ebenfalls inhaftiert. Später am Tag verkündete eine Gruppe von Militärs im Nationalfernsehen, das sie die Präsidentschaft übernommen hätten. Die Landesgrenzen wurden geschlossen und eine Ausgangssperre eingeführt. Präsident Bazoum hatte nach Wahlen 2021 die erste friedliche und demokratische Machtübernahme in der Geschichte des Landes vollzogen. In der Region gab es in den letzten zwei Jahren bereits mehrere Putsche; 2021 in Guinea, Mali und Sudan und 2022 gab es zwei in Burkina Faso. In Niger selbst ist der Putsch der fünfte seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960.

Zwei Tage nach dem Putsch einigten sich die Putschisten auf General Abdourahmane Tchiani (auch bekannt als Omar Tchiani) als „Präsident des Nationalrats zum Schutz des Vaterlands“. Zuvor war General Tchiani ab 2011 Kommandant der Präsidentengarde. In diese Position wurde er von Bazoun’s Vorgänger Mahamadou Issoufou ernannt, mit welchem er noch heute eng verbündet ist. Bereits 2021 soll Tchiani in einen erfolglosen Putschversuch nach der Wahl von Präsident Bazoum involviert gewesenen sein. Tchiani begründet den Putsch damit, dass er das Land vor dem langsamen und unvermeidlichen Untergang schützen wolle und dass Präsident Bazoum die wahre Lage des Landes versteckt habe. Die Putschisten sagten auch das Präsident Bazoum das Land nicht vor der wachsenden Gefahr durch Extremisten schütze. Diese Begründung wird von einigen Beobachter*innen als Vorwand gesehen. Laut dem politischen Analysten Alkassoum Abdourahmane soll 2023 sicherheitspolitisch sogar eines der besten Jahre gewesen sein. Trotzdem kam es in den letzten Wochen zu mehreren Toten in der Region und Sicherheit ist weiterhin ein zentrales Thema für Niger. Der eigentliche Hintergrund der Regierungsübernahme wird in internen Machtkämpfen vermutet. Gerüchten zufolge hatte Bazoum vor, Tchiani zu entlassen. Eine nachgewiesene Begründung für den Putsch gibt es aber nicht.

Die Reaktionen aus der Bevölkerung Nigers sind gemischt. Kurz nach dem Putsch gab es Proteste gegen die Übernahme des Militärs in Niamey. Auch die regierende Koalition verurteilte den Putsch. Mittlerweile ist es jedoch auch mehrfach zu Pro-Putsch-Protesten gekommen.

Internationale Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Die AU forderte Niger auf innerhalb von 15 Tagen die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen. Die EU und Frankreich haben all ihre Zahlungen an Niger eingestellt und die USA drohen dasselbe zu tun. Niger erhält laut Weltbank jährlich etwa zwei Milliarden US-Dollar „Entwicklungshilfe“. Auch die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS stellt sich gegen die Putschisten und beschloss auf einer Dringlichkeitssitzung im nigerianischen Abjua die Beziehungen zu Niger auszusetzen. ECOWAS droht mit gewaltsamen Eingriffen, wenn nicht innerhalb einer Woche Präsident Mohamed Bazoum wieder im Amt ist. Das Vermögen Nigers, das in ECOWAS Staaten liegt, wurde eingefroren.

Bereits vor der ECOWAS-Sitzung rief die Militärregierung in Niger zu Protesten gegen das Einmischen der ECOWAS-Gemeinschaft und internationaler Mächte auf. Bei den Prosteten wurden auch russische Flaggen verwendet, ähnlich wie bereits in Burkina Faso und Mali. Ein Verschieben der Sympathien Nigers zu Russland wäre ein harter Schlag für westliche Staaten. Niger war einer der wenigen übriggebliebenen Partner in der Region. Die Vereinten Nationen planten Niger als logistischen Knotenpunkt für den Abzug von den 13.000 Truppen aus Mali Ende des Jahres. In Niger selbst haben die USA um die Tausend, Frankreich 1.500 bis 2.000 Truppen stationiert. Auch etwa 100 deutsche Soldat*innen sind in Niger stationiert. Außerdem bezieht Frankreich 15 Prozent des Uraniums für seine Atomkraftwerke aus den Minen in Niger.

Hannah Bruhn