Wie auf TikTok minderjährige Influencer*innen die Welt positiv verändern
LoNam sprach mit Caliimusik, der in seinen jungen Jahren schon die vielfältigsten Erfahrungen in den Sozialen Medien gemacht hat, aber gerade hier auch Möglichkeiten sieht, auf seinen Traum von einer Welt ohne Rassismus hinzuarbeiten.
Wer bist du? Was machst du so?
Ich bin Calii, 17 Jahre alt, komme aus Berlin und mache seit circa drei Jahren Musik. Vor einem Jahr habe ich angefangen TikTok zu machen, wo es dann auch ziemlich schnell für mich bergauf ging. Jetzt ziehe ich halt ein bisschen mit der Influencer-Karriere durch und mache nebenher noch Musik. Seit 3 Monaten ist der Song ,,Wunden‘‘ von mir auf YouTube verfügbar. Zusammen mit der Deutschen Stimme von SpongeBob Schwammkopf (Santiago Ziesmer) haben wir einen Song geschaffen, der sich klar gegen Rassismus und Diskriminierung richtet und somit etwas geschaffen, dass es in der ganzen SpongeBob Erfolgsszene so nie gab. Der Song erreichte bei seiner Premiere Platz 10 in den deutschen YouTube-Trends und zählt schon über 250.000 Views.
In welchem Genre bewegst du dich und wer ist deine Inspiration?
Ich würde sagen ich bin Singer/Songwriter und mache Deutsch-Pop. Es gibt viele Künstler*innen, die ich interessant finde. Privat höre ich nicht die Musik, die ich mache, sondern gerne Deutsch-Rap. Aber ich kann mich einfach nicht persönlich damit identifizieren. Ich lebe diesen Film nicht. Deswegen mache ich andere Musik als die, die ich selbst höre. Ich mache eher Liebeslieder und romantische Songs mit Vibe. Das ist eine andere Welt als Deutsch-Rap.
Wie kommt’s, dass Rassismus plötzlich Thema deiner Songs wird?
Ich habe im Jahr 2020 einen großen Shitstorm bekommen, weil ich politische Themen angesprochen habe. Diese Themen haben mich schon sehr beschäftigt in meiner Entwicklung. Ich habe mir gesagt, dass ich da aktiver werden und mich mehr mit dem Thema auseinandersetzen möchte.
Wofür hast du einen Shitstorm erhalten?
Im Jahr 2020 habe ich auf Tiktok eine Debatte aufgemacht, die es schon in den USA gab und dort auch sehr groß war. Es ging darum, dass es keine Pflaster für dunkle Haut gibt, sondern nur die “normalen” Pflaster – für helle Haut – in beige. Und das habe ich angesprochen. Ich habe gesagt, dass ich es schade finde, dass sich das nicht durchgesetzt hat, denn es gibt Pflaster für Schwarze Haut auf dem Markt, aber die kennt kaum jemand. Die hellen Pflaster wurden für die Weiße Norm gemacht. In diesem Punkt ist die Black Community einfach ausgeschlossen. Das habe ich ausgesprochen und viel Kritik geerntet dafür.
Hat sich mit der Veröffentlichung deines Songs ,,Wunden“ (Caliimusik feat. Santiago Ziesmer) etwas geändert?
In dem Text ,,Wunden‘‘ geht es darum, dass ich und auch viele andere Menschen durch die Verachtung den Hass, Diskriminierung, Rassismus sehr viele Wunden in sich tragen und dass wir alle Menschen sind, egal wie wir aussehen oder woher wir kommen. Die Message richtet sich überwiegend an die jüngere Generation, die in ihrer Kindheit von der SpongeBob-Kinderserie geprägt waren. Durch diesen Song habe ich einerseits großen Zuwachs auf allen meinen Kanälen bekommen und die Veränderung machte sich spürbar und bemerkbar, als viele Nutzer*innen durch diesen Song mir Respekt, Anerkennung und Wertschätzung schenkten. Ich denke, dass der Einfluss solch einer bekannten Person wie Santiago Ziesmer, der deutschen Stimme von SpongeBob, eine bedeutsame Rolle spielt.
Wie haben deine Follower und andere Social Media Nutzer*innen auf dieses Lied reagiert?
Die waren positiv überrascht, da sie mit solch einem Song mit solch einer aussagekräftigen Message nicht gerechnet haben. Der Song erreichte ziemlich schnell eine Vielzahl an Menschen auf TikTok: in der Promotion-Phase knappe 10 Millionen Menschen. Daher war die Resonanz sehr unterschiedlich, aber überwiegend positiv – der Song erreichte ja auch Platz 10 in den deutschen YouTube-Trends, worauf wir ziemlich stolz sind. Mein Follower*innen-Zahl ist von hunderttausend auf TikTok auf knapp 250-tausend gesprungen. Auch meine anderen Kanäle haben ein guter Zuwachs bekommen, der Song steht aktuell bei 100.000 Streams on Spotify.
Wie stellst du dir eine Welt ohne Rassismus vor?
In einer Welt ohne Rassismus stelle ich mir vor, ohne Angst leben zu müssen. Angst anders zu sein, Angst nicht akzeptiert zu werden. Ich denke, dass eine Welt ohne Rassismus ein viel schöneres Zusammenleben beinhaltet, und hoffe, dass es den Menschen irgendwann bewusst wird, dass eine Welt ohne Rassismus eine viel bessere Welt ist.
Das Interview wurde von Vicky J. für die Oktober/November-Printausgabe geführt und von Miriam F. im März 2021 erweitert.