Was bedeutet der Brexit für Afrika?
Seit Freitagmorgen steht fest: Großbritannien wird die Europäische Union (EU) verlassen. Die Entscheidung der britischen Bevölkerung wird nicht nur für Europa, sondern auch für Afrika Folgen haben.
Durch den EU-Ausstieg Großbritanniens (Brexit) sind insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene Veränderungen zu erwarten. Die bestehenden Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den afrikanischen Ländern entsprechen EU-Abkommen. Als künftiges Nicht-Mitglied des Bündnisses wird die Monarchie sämtliche Handelsbeziehungen neu verhandeln, auch diejenigen mit Afrika. Das kann für einige afrikanische Staaten zum Problem werden, da Großbritannien viele Waren und Güter vom Kontinent importiert. Für Südafrika ist das Land der viertgrößte Handelspartner, auch Nigeria und Kenia sind starke Verbündete. Werden bei den neuen Handelsabkommen zum Beispiel höhere Zölle fällig, könnte sich das negativ auf den Verkauf afrikanischer Erzeugnisse nach Großbritannien auswirken. Zu dieser Unsicherheit gesellt sich die Sorge um eine bevorstehende Rezession in Großbritannien, also eine Verschlechterung der allgemeinen Wirtschaftslage. Geht es den Briten finanziell schlechter, fehlt auch das Geld für Waren aus Afrika. Ein Beispiel sind Schnittblumen aus Kenia, die sich in Europa bislang in Großbritannien und den Niederlanden am stärksten verkaufen.
Der Brexit kann sich auch in die andere Richtung auswirken: 2015 hat Großbritannien am stärksten in Afrikas größte Volkswirtschaft Nigeria investiert. Mit sinkender Wirtschaftskraft würde künftig auch weniger Geld in die afrikanischen Volkswirtschaften fließen, deren Aufschwung zum Teil stark von Investitionen abhängt.
Eine weitere Veränderung betrifft das Thema Immigration. Mit der Aussicht auf eine selbstbestimmte Immigrationspolitik hatte die Brexit-Kampagne viele Briten vom EU-Austritt überzeugt. Afrikaner_innen in der britischen Diaspora sowie Immigrationswillige sehen sich nun neuen Unsicherheiten in Bezug auf ihren jeweiligen Aufenthaltsstatus gegenüber. Auch hier wird wieder eine wechselseitige Beziehung deutlich, denn 2015 empfing Nigeria ganze 15 Milliarden Pfund (knapp 19 Milliarden Euro) an privaten Geldsendungen aus der Diaspora. Solche Einnahmen von außen kurbeln auf dem ganzen Kontinent die Wirtschaft vor Ort an, da sie die Kaufkraft der Bevölkerungen steigern. Fallen diese Sendungen künftig kleiner aus, leiden folglich auch die jeweiligen Wirtschaften in der Heimat.
Doch der Austritt Großbritanniens könnte auch positive Folgen haben: Es besteht die Chance, dass die neuen Handelsabkommen die Interessen von Afrika stärker berücksichtigen als bisher. Zudem dient der Brexit als Anlass, die Strukturen in eigenen Staatenbündnissen wie der Afrikanischen Union oder der East African Community (Ostafrikanische Gemeinschaft) kritisch zu überdenken und gegenenfalls zu verbessern.
Was im Moment vorherrscht, ist Unsicherheit bei allen Beteiligten, von Großbritannien über die EU bis hin zu Afrika. Darin sind sich alle überraschend einig.
Foto: freestocks.org/Flickr, CCO 1.0