Aachen: KingzCorner e.V. gefährdet
KingzCorner e.V. ist ein gemeinnütziger Aachener Kulturverein und Träger der freien Jugendhilfe und eine einmalige Anlaufstelle vor allem für Jugendliche mit Migrationsbiographie. Seit Januar ist seine Existenz jedoch gefährdet, denn aufgrund von Verfügungen des Bauamts darf er keine Abendveranstaltungen mehr durchführen. Diese sind jedoch essentiell für die Deckung der laufenden Kosten. In einem Treffen mit der Ersten Vorsitzenden, Emilene Wopana Mudimu, bekamen wir Einblicke.
Kannst Du Dich vorstellen? Wer bist Du und was machst Du?
Mein Name ist Emilene Wopana Mudimu. Ich bin 27 Jahre alt. Ich bin eigentlich Kölnerin, lebe aber seit zwei Jahren in Aachen. Zurzeit arbeite ich an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen und dort beim Gender und Diversity Management. Das ist eine Stabsstelle der zentralen Hochschulverwaltung. Vom Beruf her bin ich aber Sozialpädagogin und habe bis letztes Jahr tatsächlich auch als solche gearbeitet, unter anderem als Betreuerin für geflüchtete Jugendliche, aber auch als sozialpädagogische Familienhilfe für geflüchtete Familien. Ich habe eigentlich immer schon mit Jugendlichen und Kindern gearbeitet, also schon vor meiner Abizeit.
Seit 2014 engagierst du dich im KingzCorner e.V., richtig?
Seit 2014 bin ich im KingzCorner e.V. tätig und auch im Vorstand. Wir leisten Jugendarbeit mit dem Schwerpunkt auf Hiphop, Textproduktion, Schreibwerkstätten für Jugendgruppen und Schulklassen. Außerdem bieten wir auch Graffiti-Workshops an. Daneben mache ich Empowerment-Arbeit vor allem für Schwarze Frauen* zum Thema Schönheitsideale, also Hair Politics und wie das Schwarze Frauen* in ihrer Identität prägt. Ich mache aber auch mit anderen Menschen of Color Empowerment-Trainings bezüglich des Umgangs mit Rassismuserfahrungen. Ebenso bin ich in anderen Bereichen der rassismuskritischen Arbeit tätig. Beispielsweise gebe ich Critical Whiteness Workshops für weiße Menschen, um ihnen zu verdeutlichen, welche Position und Machtstrukturen sie selbst in unserer von rassismusgeprägten Gesellschaft tragen und wie sie diese abbauen können.
Fließt Deine aktivistische bzw. politische Arbeit in die Arbeit bei KingzCorner e.V. ein?
Mir war es eine Zeit lang sehr wichtig, diese zwei Arbeitsbereiche zu trennen. – Jetzt wo wir aber vermehrt pädagogische Angebote aufstellen werden, kann ich mir gut vorstellen auch Empowerment-Workshops und interkulturelle Trainings in Rahmen der Vereinsarbeit anzubieten.
Neben den Hiphop-Projekt, initiiert Ihr auch weitere tolle Projekte. Kannst Du darüber etwas mehr erzählen?
Wir haben 2015 und 2016 unsere ersten größeren Projekte mit Geflüchteten initiiert. Das war auch der Zeitraum, in dem vermehrt Menschen nach Europa bzw. Deutschland geflüchtet sind. Nach Aachen kamen unter anderem auch viele Jugendliche. Deswegen haben wir 2015 beschlossen ,,Music, Stylez and Culture“ zu initiieren. Das war eine Art Begegnungsprojekt für Jugendliche mit Fluchtbiographie und gebürtigen Aachener*innen, in dem sie die Lebensrealität des jeweils anderen kennenlernen konnten, aber darüber hinaus schnell gemerkt haben, dass sie musikalische bzw. künstlerisch sehr große Verbindungen hatten. Da sind unter anderem richtige CDs entstanden mit den ganzen Aufnahmen, Liedern und Texten der Teilnehmenden. 2015 haben wir eine großflächige Wand gegenüber unseres Vereinszentrum bemalt. Die Motive, die während des Workshops entstanden sind, wurden in einer Graffiti-Malerei festgehalten.
Gibt es einen Grund warum ihr die Hiphop-Kultur so in Eure Projektarbeit integriert habt?
Aachen ist eine sehr elitäre Stadt, und du findest eigentlich alles, was so in dem klassischen Bereich vorkommt en masse in Aachen. Was aber gefehlt hat, ist ein Ort, der Subkulturen schätzt, für Menschen, die keine Zugänge zu diesem Klassischen haben. Hiphop ist eine Kultur, die es Menschen unabhängig von ihren Lebensrealitäten, Ressourcen, Zugängen und ihrem sozialen Status usw. irgendwie ermöglicht, an kreativen und künstlerischen Prozessen teilzuhaben, und deswegen nutzen wir diese Kunstform in unserer Arbeit.
Wer nutzt Eure Angebote?
Allgemein Aachener Jugendliche ab dem Alter von 15/16 bis Anfang 20 mit ganz unterschiedlichen Backgrounds, wobei ein sehr wichtiger Background bei vielen die eigene Migrationsbiographie oder die der Familie ist. Die Abendveranstaltungen haben unter anderem auch viele Studierende besucht.
Seit Anfang des Jahres werden Euch ziemliche Barrieren in den Weg gestellt.
Genau, seit Anfang des Jahres dürfen wir aufgrund von Bau- bzw. Lärmschutzauflagen keine Abendveranstaltungen mehr durchführen. Jahrelang konnten wir unsere Veranstaltungen ohne Probleme betreiben, und auch die Nachbarschaft hat sich nie beschwert. Jetzt ist es aber so, dass aufgrund von Personalwechsel im Bauamt und in der Bezirksvertretung diejenigen, die unsere Arbeit befürwortet haben und sich dafür eingesetzt haben, dass wir die Veranstaltungen auch trotz der Auflagen durchführen können, um unsere Betriebskosten zu decken und um bauliche Maßnahmen umsetzen zu können, nicht mehr zuständig sind. Unser Fall wurde neu aufgerollt, und in dem Zuge wurde uns mitgeteilt, dass wir keine Abendveranstaltungen mehr durchführen dürfen. Problematisch ist, dass wir nur sehr eng bemessene Projektförderungen erhalten, die Betriebskosten und andere anfallende Kosten aber über die Abendveranstaltungen finanziert haben. Die Abendveranstaltungen waren essentiell für uns, um die laufenden Kosten zu tragen.
Gibt es außer dem KingzCorner e.V. Räume mit ähnlichen Angeboten in der Umgebung?
Es gibt einige Einrichtungen, die Jugendkulturarbeit leisten, jedoch nicht mit dem Schwerpunkt Hiphop. Also kein Angebot, das gleichwertig wäre.
Wopana und ihr Mann Sebastian Walter arbeiten beide ehrenamtlich. Seitdem sie keine Abendveranstaltungen mehr durchführen dürfen, können sie die laufenden Betriebskosten nicht mehr zahlen. Damit ihre Arbeit weiter besteht, haben sie eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Mehr Information zu ihrer Arbeit findet ihr außerdem hier.
Victoria Jeffries