Als Rivalen sich einigten
In Tunis haben sich am vergangenen Sonntag, 6. Dezember, zwei Delegationen der konkurrierenden libyschen Parlamente auf eine Einheitsregierung geeinigt. Ein Versuch, der ohne die Vereinten Nationen stattfand, im Gegensatz zur vorherigen Einigungsbemühung im Oktober – welche jedoch scheiterte.
Das Ende des politischen Chaos? Zumindest eine einzigartige Annäherung in dem krisengeplagten Libyen seit dem Sturz Muammar al-Gaddafis im Herbst 2011. Ein langfristiger politischer Prozess könnte durch Verhandlungen in Tunis am vergangenen Wochenende zwischen den zwei rivalisierenden Lagern Libyens angestoßen werden. Der Kompromiss sieht eine Regierung der nationalen Einheit vor. Das bereits international anerkannte Parlament in Tobruk würde weiterhin das legitimierte Parlament bleiben, allerdings würde der islamischen Gegenregierung in Tripolis eine größere strategische Präsenz im zukünftigen institutionellen Apparat eingeräumt werden. Die Wahl des für jene Regierung vorgesehenen Ministerpräsidenten soll einem Ad-hoc-Komitee zuteil werden, zusammengesetzt aus jeweils fünf Vertreter_innen beider Lager. Ebenfalls sollen zwei Stellvertreter_innen ernannt werden. Allerdings muss das neu ausgehandelte Dokument zuvor noch beide Parlamente in Tobruk und Tripolis passieren.
Seit einigen Monaten wird unter der Aufsicht der Vereinten Nationen nach einer Friedensverhandlung gestrebt. Doch bislang war vor allem das legitimierte Parlament in Tobruk nicht willig, auf diesen Kompromiss, welcher zu viele Nachteile mit sich bringe, einzugehen. Der erste Versuch im Oktober, eine solche Einheitsregierung zu bilden, wurde folglich abgelehnt. Die Verhandlungen in Tunis fanden dieses Mal jedoch außerhalb der UN-Vermittlungen statt, ein Schritt, welcher auf Kritik stößt. Die Verhandlungen werden als „Störmanöver“ empfunden, welches „das mühsam verhandelte Friedenspaket [der UN] zu torpedieren [bemüht sei]“, bezog eine Mitarbeiterin des Auswärtigen Amtes Stellung. Von der Nato kann sich die Einheitsregierung demgegenüber Unterstützung und Hilfe beim Aufbau von Kapazitäten erhoffen.
Das Land ist seit dem Sturz Gaddafis im Herbst 2011 in eine politische Sackgasse getaucht sowie einem Bürgerkrieg ausgesetzt. Zwei rivalisierende Lager stehen sich gegenüber: Das von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Parlament mit Sitz in Tobruk und die nicht anerkannte Gegenregierung mit islamischer Neigung in Tripolis. Das Streben nach der politischen Verbannung aller ehemaligen Gaddafi-nahen Politiker bewirkte in Libyen eine starke Polarisierung, durch welche die zwei Lager sich herauskristallisieren konnten. Ferner bedroht die Erstarkung des sogenannten Islamischen Staates das nordafrikanische Land, welches zum zukünftigen Herd des islamischen Extremismus werden könnte. Die Miliz profitiert von dem dortigen Chaos, um sich nach und nach in den von der Spaltung des Landes herrührenden Breschen zu etablieren. Auch könnte sie wichtige Standorte von Erdölvorkommen einnehmen, eine der Haupteinkommensquellen des Landes.
Am 13. Dezember wird in Rom eine internationale Libyen-Konferenz stattfinden. Die italienische Hauptstadt fürchtet, das nächste Angriffsziel des sogenannten Islamischen Staates zu werden. Einerseits aufgrund der Nähe und der Geschichte Italiens bezüglich Libyens, andererseits weil Rom Hauptstadt des Katholizismus ist. Wahrscheinlich wird sich dort herausstellen, inwiefern der neue Friedensplan internationale Zustimmung genießt.
Léa Glasmeyer