Alternativer Nobelpreis für Inklusionsaktivistin

Alternativer Nobelpreis für Inklusionsaktivistin

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Die blinde Juristin Yetnebersh Nigussie wird mit dem Right Livelihood Award 2017 ausgezeichnet.

Foto: Ethiopian disability rights activist, Yetnebersh Nigussie, taken during a visit to Vienna, Austria in 2011, via wikimedia. CC BY-SA 1.0. Bearbeitung: AMZ

Die Jury des „Right Livelihood Award“ (RLA) hat die Äthiopierin Yetnebersh Nigussie für ihr Engagement ausgezeichnet. Die Juristin setzt sich seit vielen Jahren für Menschen mit Behinderungen und deren Inklusion ein. Sie selbst verlor ihr Augenlicht im Alter von fünf Jahren. Neben Nigussie erhielten auch Robert Bilott (USA), Colin Gonsalves (Indien) und Khadija Ismayilova (Aserbaidschan) eine von vier Auszeichnungen des RLA.

Licht auf Menschen mit Behinderung geworfen

Den inoffiziell Alternativer Nobelpreis genannten Preis, bekommt die Äthiopierin offiziellen Angaben zufolge „für ihre inspirierende Arbeit, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu stärken und sich für deren Inklusion stark zu machen. Sie ermöglicht es Menschen, ihr Potenzial voll auszuschöpfen und verändert dabei die Denkweise in unserer Gesellschaft“.

Die mutige 35-Jährige begreife ihr Handicap als eine Chance: „Weil ich blind war, war ich ungeeignet für die Kinderehe, die in unserem Dorf üblich ist. Alle meine Freunde wurden im Alter von zehn, elf oder zwölf Jahren verheiratet. Ich war die einzige Ausnahme. Die Bildung hat mich befreit und so konnte ich werden, wer ich heute bin“.

Nach einer schwierigen Schulzeit studierte sie Jura an der Universität von Addis Abeba, die über zahlreiche historische juristische Bücher in Braille-Schrift verfügt. Für die neuen, nach 1991 in Kraft getretenen Gesetzestexte bat sie ihre Kommoliton_innen um Mithilfe. Sie lasen sie ihr vor.

In dieser Zeit in der äthiopischen Hauptstadt liegen die Wurzeln von Nigussies Engagement. Besonders stolz sei sie auf „die Gründung eines Zentrums für Studierende mit Behinderungen an der Universität Addis Abeba, denn damals fühlte sich niemand für unsere Belange verantwortlich. Heutzutage haben fast alle Universitäten in Äthiopien so ein Zentrum“. Seit Nigussie Juristin ist, engagiert sie sich ehrenamtlich für viele äthiopische Organisationen. Seit 2016 ist sie für „Light for the World“, eine Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Wien, beschäftigt.

Vorbildlich Anführerin mit Verantwortung

Yetnebersh Nigussie freut sich auch auf die Auszeichnung vom RLA: „Im Alter von 35 Jahren so einen Preis zu gewinnen, gibt einem die Möglichkeit, sich noch mehr einzubringen. Ich bin demütig, geehrt, glücklich und stolz. Aber ich spüre auch eine Verantwortung, noch mehr zu tun“. Die junge Juristin habe bereits in der Kindheit davon geträumt, eine Anführerin zu werden. Weibliche Vorbilder, wie die Nonnen an der katholischen Blindenschule, ermutigten sie. Zweifellos Nigussie ist vorbildhafte Anführerin geworden und wohl nicht nur in den Augen ihrer zwei Töchter.

Corinne Salamin

Foto: Ethiopian disability rights activist, Yetnebersh Nigussie, taken during a visit to Vienna, Austria in 2011, via wikimedia. CC BY-SA 1.0