Dr. Herzberger-Fofana: „Wir lassen uns nicht von Rechtspopulisten bedrohen.“
Wir nehmen die gestrige Wahl in Thüringen zum Anlass, den Offenen Brief von Dr. Pierette Herzberger-Fofana, der ersten Afro-Deutschen im Europäischen Parlament und Stellvertretenden Vorsitzenden des Entwicklungsausschusses, zu veröffentlichen, den Sie uns in Reaktion auf die Anschläge in Halle vor wenigen Wochen schickte. Diese Momente dürfen nicht zu schnell vergessen werden; sie gehen uns alle an. Auch als Wähler*innen eines demokratischen Staats.
Der Anschlag in Halle: Wir gedenken den Opfern
Wir sind fassungslos, wütend und zutiefst schockiert, von dem Mord an zwei Menschen in Halle. Wenn die Tür der Synagoge nicht standgehalten hätte, hätten wir ein schreckliches Massaker erlebt, denn das Ziel war ein Massenmord an der jüdischen Gemeinde, der nur ganz knapp gescheitert ist.
Dass ein solcher widerliche Anschlag in Deutschland am helllichten Tag passieren konnte, macht auch nachdenklich und muss uns wachrütteln.
Das Video des Täters zeigt eine Motivation die sowohl antisemitisch, als auch rassistisch ist. Die Tat ist eine Schande, und das muss ganz laut gesagt werden. Wir dürfen nicht schweigen, sondern müssen unsere Stimme laut erheben und uns solidarisch mit den Opfern und mit der jüdischen Gemeinde zeigen. Die Gefahr des Rechtsterrorismus wurde zu lang unterschätzt und nicht angemessen bekämpft. Rechtsextreme Ideologien müssen mit aller Vehemenz im Rahmen der rechtsstaatlichen Mitteln bekämpft werden, nicht nur da, wo er sich schon zeigt, sondern auch in der Präventionsarbeit und Demokratieförderung.
Aber wir sind mehr und wir halten zusammen. Denn jeden Anschlag gegen einen von uns ist ein Anschlag auf unsere Gesellschaft: Einheimische und Zugezogene, Jüd*innen, Muslim*innen, Schwarze Menschen People of Colour, LGBTI und alle, die nicht in das menschenverachtende Weltbild der Rechten passen. Wir lassen uns nicht von Rechtspopulisten bedrohen. Wir lassen es nicht zu, dass unsere Gesellschaft zerstört und die Demokratie ins Wanken gebracht wird.
Wir stehen in dieser schweren Stunde solidarisch zusammen. Denn zusammen sind wir stark in der Verteidigung der Demokratie und der rechtsstaatlichen Werte. Rassismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Wir bekennen Farbe und stehen fest an der Seite der Jüdischen Gemeinde in Deutschland.
Unsere Gedanken sind bei den Hinterbliebenen und Angehörigen der Opfer, denen unser tiefes Mitgefühl und Beileid gilt.
Dr. Phil. Pierrette Herzberger-Fofana (MdEP/MEP) Stellvertretende Vorsitzende des Entwicklungsausschusses/ Vice-Présidente de la Commission pour le Développement