Fitrah – vom Umgang mit Islam, sexueller Orientierung und Geschlechteridentität

Fitrah – vom Umgang mit Islam, sexueller Orientierung und Geschlechteridentität

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Am 22. September war Mushin Hendricks in der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin zu Gast. Der erste offen homosexuelle Imam stellte dort seinen Film „Fitrah“ vor und diskutierte mit dem Publikum über Geschlechteridentität in islamischen Ländern.

Das Wort „Fitrah“ ist arabisch und bedeutet soviel wie „Natur“, „Veranlagung“ oder „Schöpfung“. Von diesem Thema handelt auch der gleichnamige Dokumentarfilm des südafrikanischen Iman Mushin Hendricks. Recherchiert hat er dafür in Asien, Afrika und Europa. Sowohl queere Muslime_a als auch Theologen, Anthropologen, und Gender Expert_innen beschreiben ihre Erfahrungen mit Homo- und Transsexualität in muslimischen Ländern.

Hendricks wuchs in Kaptstadt in einem sehr religiös geprägten Umfeld auf. Bereits sein Großvater war in der dortigen, orthodox-muslimischen Gemeinde als Imam tätig. Der Vater arbeitete als spiritueller Heiler, die Mutter als Islamlehrerin. „Für offene Gespräche über Sexualität war dort kein Platz“, resumiert Hendricks diese Periode seines Lebens. „Als ich herausfand, dass ich anders war, zog ich mich in ein Schneckenhaus zurück“. Seinen Glauben stellte er jedoch zu keiner Zeit in Frage: „Es war die Gesellschaft, die mich ablehnte, nicht Gott!“

Diese Erkenntnis teilen jedoch längst nicht alle Anhänger_innen des Islam. Die Meinung, dass alles, was von der Heteronormativität abweicht, nicht mit Religion vereinbar sei, ist in vielen islamischen Ländern weit verbreitet – und das, obwohl im Koran keine explizite Diskussion von Geschlechteridentitäten jenseits der Heterosexualität stattfindet. Schwule, Lesben und Transgender sind Vergewaltigungen, Diskriminierung und brutaler Gewalt bis hin zum Mord ausgesetzt. Die durch die Gesellschaft erfahrene Ablehnung stürzt viele in eine persönliche Krise: Nicht wenige scheitern an dem Problem, sich zwischen sexueller und religiöser Identität entscheiden zu sollen. Drogensucht und Suizid sind häufig die Folgen.

Hier knüpft die Arbeit Mushin Hendricks und seiner Non-Profit-Organisation The Inner Circle an. Unter dem Titel „Ask the Imam“ haben queere Muslime die Möglichkeit, sich in spirituellen Fragen beraten zu lassen. Aufgezeigt werden soll vor allem eines: Alle sexuellen Identitäten sind in ihrer Vielfalt von Allah gewollt. Oder wie es einer der Protagonisten des Films „Fitrah“ auf den Punkt bringt: „Schwul sein ist mein Leben und der Islam meine Religion.“

Mehr Informationen zum Film „Fitrah“ und zu Mushin Hendricks findet ihr auf der Website von „The Inner Circle“:

http://theinnercircle.org.za/

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