Historische Wahlen in Südafrika

Historische Wahlen in Südafrika

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© Madelene Cronjé / New Frame

Am 29. Mai bekommen die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger Südafrikas zum siebten Mal, dreißig Jahre nach Beendigung der Apartheid im Jahr 1994, die Gelegenheit ein neues Parlament zu wählen. An diesem nationalen Feiertag wird von sieben bis 19 Uhr darüber abgestimmt, welche Parteien in das nationale sowie in die neun regionalen Parlamente einziehen. Dieses Jahr finden die Wahlen allerdings mit einigen Neuerungen statt. Statt nur zwei Stimmen, eine für die Parteien im nationalen Parlament, welche anteilig die ersten 200 Mitglieder des Parlaments stellen, und eine für einen der 200 regionalen Abgeordneten im Parlament, kommt nun eine dritte für die Wahl der Mitglieder der lokalen Parlamente in allen neun Provinzen Südafrikas hinzu. Darüber hinaus dürfen mit den zwei letzten Stimmen statt Parteien auch Direktkandidaten gewählt werden. Der Präsident wird allerdings weiterhin vom Parlament gewählt.

Bei der letzten nationalen Wahl im Jahr 2019 gewann der African National Congress (ANC), die einstige Partei Nelson Mandelas, mit 57,5 Prozent und stellte somit alleine die Regierung. Die Oppositionspartei Democratic Alliance lag mit 21 Prozent weit dahinter. Auch die Economic Freedom Fighters kamen nur auf 11 Prozent sowie die Inkatha Freedom Party (IFP) auf 3,5 Prozent. Diese klare Machtverteilung könnte sich nun bei den anstehenden Wahlen zum ersten Mal seit dreißig Jahren ändern.

Dies liegt daran, dass der ANC unter der Führung von Staatspräsident Cyril Ramaphosa seit Jahren massiver Kritik von Seiten der Opposition ausgesetzt ist. Bemängelt wurden unter anderem die instabile wirtschaftliche Lage mit einer hohen Arbeitslosenquote, wirtschaftlicher Ungleichheit, massiven Korruptionsvorwürfen gegenüber verantwortlichen Politikern und einer chronisch instabilen Energieversorgung. Ein weiterer Kritikpunkt war die immer weiter steigende Verbrechensrate im Land.

Am 16. Dezember 2023 erklärte daraufhin Ex-Präsident Jacob Zuma, der 2018 vor dem Hintergrund von Korruptions- und Vergewaltigungsvorwürfen zum Rücktritt gedrängt worden war, seinen Austritt aus dem ANC und seine Unterstützung für die neu gegründete Partei Umkhonto we Sizwe (MK). Jede Stimme für den ANC, so Zuma, sei ein Verrat am südafrikanischen Volk. Der ANC versuchte daraufhin auf juristischem Weg, die neue Partei zu sanktionieren, auf Grundlage der früheren Verurteilung Zumas. Beides misslang jedoch zunächst und Zuma und seine Partei wurden zur Wahl zugelassen. Am 20. Mai entschied das Verfassungsgericht der Republik Südafrika über die eingelegte Berufung und erklärte Zuma für die Wahl als nicht zugelassen.

Falls der ANC mehr als 50 Prozent der Sitze sichern sollte, würde Präsident Cyril Ramaphosa höchstwahrscheinlich erneut vom Parlament zum Präsidenten gewählt werden und würde somit seine zweite und letzte fünfjährige Amtszeit antreten. Aktuelle Prognosen der Social Research Foundation prognostizieren allerdings, dass der Stimmenanteil des ANC sich seit dem 15. April 2024 nur noch zwischen 36,4 und 45,9 Prozent bewegt, was bedeuten würde, dass die Partei die absolute Mehrheit im Parlament verlieren würde. In dieser Situation müsste der ANC sich nach Koalitionspartnern umsehen. Hierfür würden sich vor allem zwei Parteien anbieten. Zum einen die liberal-konservative Democratic Alliance (DA), welche laut Prognose zwischen 21,6 und 26,1 Prozent der Stimmen liegt, und zum anderen die linksextremen Economic Freedom Fighters (EFF) mit 7,6 bis 11,2 Prozent. Dies bleibt aber weiterhin abzuwarten, da die Wahlergebnisse vermutlich erst am folgenden Wochenende bekannt gegeben werden.

Henriette Meyer