Präsident auf dem Prüfstand

Präsident auf dem Prüfstand

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Seit seinem Amtsantritt hat das neue Staatsoberhaupt João Lourenço hart durchgegriffen und seinem Vorsatz der Korruptionsbekämpfung alle Ehre gemacht. Doch noch sind die Reaktionen verhalten: Alles nur Show oder der Anfang echter Veränderungen? Ob Lourenço mit seinen Maßnahmen glaubwürdig bleibt, hängt unter anderem vom Gerichtsverfahren gegen einen Journalisten ab.

Seit seinem Amtsantritt im September 2017 hat João Lourenço die angolanische Bevölkerung in vielerlei Hinsicht überrascht: Kurz nach seiner Vereidigung hielt er, ganz der gesetzestreue Bürger, an einer roten Ampel an, stellte sich bei einer Fastfoodkette in einer Schlange hinten an, ließ sich wie ein Normalo in der Öffentlichkeit blicken. Ganz anders als sein Vorgänger José Eduardo dos Santos, der sich vorzugsweise hinter den Toren seines Palastes verschanzte und Angola wie einen Familienbetrieb führte. Auch letzteres scheint nun beendet: Gefeuert wurde die Chefin des staatlichen Ölkonzerns Sonangol und Tochter des Expräsidenten, Isabel dos Santos; gekündigt der Vertrag zwischen dem Staatsfernsehen und der PR-Firma Grecima, die ebenfalls in den Händen der dos Santos-Familie war. Auch der ehemalige Vizepräsident Manuel Vicente, gegen den in Portugal wegen Korruption ermittelt wird, musste seinen Posten räumen – eine von vielen Umwälzungen, die in der Bevölkerung Hoffnung aufkeimen lassen und dem Staatsoberhaupt den Spitznamen „Terminator“ eingetragen haben.

Foto: privat
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Geht es nur darum, die eigenen Leute in die richtigen Positionen zu bringen und den Ex-Präsidenten, der immer noch den Vorsitz der Regierungspartei MPLA innehat, zu schwächen? Oder hält sich der neue Präsident an das Motto, das er sich bei seinem Amtsantritt selbst gab – „das Gute zu stärken und das Falsche zu korrigieren, die Unabhängigkeit und Integrität des Landes zu verteidigen“?

Es sei noch zu früh, um ein Urteil zu fällen, meint dazu der Angoladeutsche J., der nicht mit Namen genannt werden möchte. Er lebt seit über 25 Jahren in der Bundesrepublik und ist Mitglied des angolanischen Kulturvereins Nürnberg. Auch auf die angolanische Diaspora in Deutschland macht der neue Präsident Eindruck. Bisher hatten viele Angolaner Angst davor, in ihrer Heimat wirtschaftlich aktiv zu werden – wegen der Korruption und der damit verbundenen Willkür. Diese Angst weiche zunehmend der Hoffnung auf Änderungen im Land, erzählt J.. Vor allem junge Angoladeutsche sähen jetzt etwa die Chance, mit deutschen Unternehmen in der afrikanischen Heimat tätig zu werden. In Deutschland leben, in Angola arbeiten. Trotzdem bleibt J. vorsichtig. Das angekündigte Gesetz gegen Korruption, mit dem diese mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden soll, ist noch nicht in Kraft getreten. Viele Ankündigungen Lourenços warten noch auf ihre konkrete Umsetzung, müssen mit der Zeit an Kontur gewinnen. J. ist sich sicher, dass es der Regierung auch darum geht, in Zeiten niedriger Ölpreise Gelder, die illegal ins Ausland geflossen sind, wieder ins Land zu holen. „Angola hat ein Problem mit Devisen“, erklärt er.

Ein Härtetest für die Integrität João Lourenços wird sicherlich auch der Prozess um den einflussreichen Journalisten Rafael Marques. Er ist in zwei Punkten angeklagt: Verhöhnung eines souveränen Organs – des ehemaligen Präsidenten José Edouardo dos Santos – und Beleidigung des Inhabers eines öffentlichen Amtes – gemeint ist der Generalstaatsanwalt João Maria de Sousa. Letzterer, so schrieb Marques in einem Artikel, habe unrechtmäßig mehrere Hektar Land erworben und sei auch darüber hinaus in Geschäfte mit dem Staat verwickelt, die seine Unabhängigkeit als Generalstaatsanwalt infrage stellen. Das reichte für eine Klage gegen den Journalisten und den Herausgeber Mariano Brás, der es sich herausgenommen hatte, den Artikel abzudrucken.

Der Prozess begann am 20. März mit der Anhörung der Angeklagten und wird ab Mitte April fortgeführt. Vor João Lourenços Amtsantritt wäre der Ausgang dieses Gerichtsverfahrens glasklar: Der Kläger, ein durch den Präsidenten gedeckter Generalstaatsanwalt, konnte in einem von Korruption durchdrungenen Land nur gewinnen. Doch jetzt sind die Karten neu gemischt. De Sousa wurde im Dezember 2017 seines Amtes enthoben. Nun muss sich der Anwalt und Kläger wohl wider Erwarten selbst dem Gericht stellen, wo der Journalist Marques die Beweise für seine korrupten Handlungen bereits auf den Tisch gelegt hat. Der Ausgang des Prozesses wird entscheidend sein für die Glaubwürdigkeit des neuen Präsidenten. Gewinnt de Sousa, so würde die Hoffnung auf Veränderung im Land wohl einer breiten Resignation weichen. Gewinnt Marques und wird der ehemalige Staatsanwalt selbst angeklagt, so wäre dies ein großer Schritt im Kampf gegen Korruption und für die Öffnung des politischen Raumes, wie sie Präsident Lourenço versprochen hat.

 

titel_lonam_aprilEin Beitrag aus der LoNam-Ausgabe 02/2018 mit dem Schwerpunkt „Afrikafestivals. Kulturelle Entwicklungshilfe für Europa“.
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