Hunderttausende protestieren auf den Straßen Algeriens
Hunderttausende protestierten heute erneut auf den Straßen der algerischen Hauptstadt Algier. Sie fordern den sofortigen Rücktritt des Präsidenten Abd al-Aziz Bouteflika.
Die Proteste gegen den algerischen Präsidenten reißen nicht ab. Auch heute war das Straßenbild Algiers von wehenden algerischen Flaggen geprägt, denn trotz Kälte und leichtem Regen demonstrierten wieder Hunderttausende gegen die bestehende Staatspolitik.
Die Proteste begannen am 22. Februar und richteten sich zuerst gegen die erneute Kandidatur des 82jährigen Abd al-Aziz Bouteflika, der seit 1999 das Amt des Präsidenten inne hat.
Nachdem die Proteste nicht abrissen und landesweit mehrere hunderttausend Demonstrant*innen gezählt wurden, verkündete Bouteflika am elften März schließlich, dass er auf eine fünfte Amtszeit verzichten werde. „Algerien muss seinen Weg in Richtung Demokratie fortsetzen“, heißt es dem Spiegel zufolge in einer Erklärung des Präsidenten.
Eine Aussage, die viele Demonstrant*innen nur kurz aufatmen ließ, denn gleichzeitig verkündigte er, dass die Präsidentschaftswahl auf unbestimmte Zeit verschoben sei und sich somit seine Amtszeit dementsprechend verlängern werde.
Kritiker*innen des Präsidenten bewerten dies als eine seiner Strategien, um möglichst lange im Amt verweilen zu können und werfen ihm Verfassungsbruch vor.
Mittlerweile schloss sich auch seine Partei, die Nationale Befreiungsfront (FLN), der Seite der Demonstrierenden an: „Die Söhne der Nationalen Befreiungsfront unterstützen diese Volksbewegung uneingeschränkt“, heißt es in der Rede des FLN Chefs Mouad Bouchareb vor Parteifreunden.
Auch die Demokratische Sammlung (RND) – zweitstärkste und mitregierende Partei – distanziert sich von dem Präsidenten. In einem Interview mit einem algerischen TV-Sender erklärte RND-Sprecher Seddik Chihab, seine Partei habe bei der Unterstützung einer erneuten Kandidatur Bouteflikas einen Fehler gemacht. Ihr habe der Mut gefehlt, ihre Zweifel zu äußern.
Über die Hälfte der algerischen Bevölkerung ist 29 Jahre alt oder jünger und kennt ausschließlich Bouteflika im Amt des Präsidenten.
Mit zunehmenden Alter und nach einem Schlaganfall trauen ihm immer mehr Kritiker*innen nicht mehr zu, das Land zu regieren. In der Öffentlichkeit zeigt sich Bouteflika kaum noch.
Megan Harris