Regierungswechsel oder Putschversuch? – Unklare Machtverhältnisse in Guinea
Eine Spezialeinheit des Militärs lieferte sich Schusswechsel auf den Straßen Conakrys und beansprucht die Macht über das Land für sich.
Nach eigenen Angaben hat eine Elite-Einheit des Militärs die Macht in dem westafrikanischen Land übernommen. Die von dem Befehlshaber einer Spezialeinheit angeleitete Gruppe lieferte sich bei einem Angriff auf den Präsidentenpalast am gestrigen Sonntag Schusswechsel mit der Schutzgarde des Präsidenten. Am selben Tag verbreiteten sie Videos in den sozialen Medien, in denen sie behaupten, dass die Regierung abgesetzt sei, die Verfassung außer Kraft sei und die Landesgrenzen geschlossen wurden. Eines der Videos zeigt Präsident Alpha Condé, umgeben von Männern in militärischer Uniform. Später am Tag teilten die Putschisten mit, dass dem Präsidenten kein Leid zugefügt wurde und er in Kontakt mit seinen Ärzten sei.
Das Verteidigungsministerium des Landes verkündete, die Putschisten hätten in der Hauptstadt Conakry für Unruhen gesorgt. Während des Angriffs auf den Präsidentenpalast seien sie allerdings von Sicherheitskräften zurückgedrängt worden. Weiterhin bestätigte eine Quelle aus dem Präsidentenpalast der Deutschen Welle, dass es sich bei den Putschisten um eine kleine Gruppe handelt und der Rest der Streitkräfte loyal zum Staatsoberhaupt stehe.
Mehrere Staaten, Staatenbündnisse und internationale Organisationen verurteilten die Machtübernahme. So forderte Nigeria die Rückkehr zur verfassungsgemäßen Ordnung und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) drohte Sanktionen an. Die Afrikanische Union (AU) plant eine Dringlichkeitssitzung.
Condé konnte nur durch eine umstrittene Verfassungsänderung im letzten Jahr seine dritte Amtszeit antreten. Nachdem er die ersten freien Wahlen im Jahr 2010 für sich gewinnen konnte, hat Condé Reformen in der Wirtschaft und im Militär umgesetzt. Zudem sorgte er für mehr Stabilität nach Jahrzenten der politischen Turbulenzen. Von Kritikern wird Condé jedoch als zunehmend autoritärer Herrscher beschrieben und für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht.
Text: Steffen Thomsen