Ruandas Geheimdienstchef wieder auf freiem Fuß

Ruandas Geheimdienstchef wieder auf freiem Fuß

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Das Londoner Amtsgericht in Westminster hat die Anklage gegen den ruandischen Geheimdienstchef Emmanuel Karenzi Karake abgewiesen. Somit wird er nicht an die spanischen Behörden ausgeliefert und kann nach Ruanda zurückkehren.

Der Chef des ruandischen Geheimdienstes National Intelligence and Security Service (NISS), Emmanuel Karenzi Karake, darf wieder nach Ruanda zurückkehren. Die gegen ihn erhobene Anklage wurde vom Amtsgericht in Westminster (London) abgewiesen. Karake wurde vorgeworfen, zwischen den Jahren 1994 und 1997 an Vergeltungsmassakern an der Gruppe der Hutus beteiligt gewesen zu sein. Nachdem ein spanisches Gericht im Jahr 2008 Anklage erhoben hatte, wurde mithilfe eines europäischen Haftbefehls nach ihm gefahndet. Am 20. Juni dieses Jahres wurde Karake schließlich in London von der britischen Polizei verhaftet. Dies geschah, obwohl er laut Angaben der ruandischen Regierung als offizieller Vertreter Ruandas diplomatischen Schutz genoss. Im Verlaufe der Anhörung der spanischen Rechtsvertreter_innen mussten diese eingestehen, keine juristisch haltbaren Gründe für eine Auslieferung Karakes an die spanischen Behörden vorbringen zu können. Dies lag daran, dass die Auslieferung eines Häftlings an einen anderen Staat, wo er sich vor Gericht verantworten muss, nur dann möglich ist, wenn in beiden Staaten das vorgeworfene Verbrechen strafbar ist. Es gibt eine Liste von 32 Ausnahmen, doch sogenannte Kriegsverbrechen stehen nicht darauf. Großbritannien kann, im Gegensatz zu Spanien, Beschuldigte der Kriegsverbrechen nicht verurteilen, wenn diese in einem anderen Land begangen wurden. Daher bestand aus juristisch formalen Gründen kein Anlass für eine Auslieferung Karakes an die spanischen Behörden und das Gericht ließ die Anklage fallen. Somit ist der Geheimdienstchef wieder ein freier Mann.

Die umstrittene Anklageschrift der spanischen Justiz umfasst neben Karake 39 weitere ehemalige Mitglieder der Rwanda Patriotic Army (RPA), die 1994 den Genozid an den Tutsi gestoppt hatte und deren Mitglieder infolgedessen teilweise an Vergeltungsmassakern beteiligt gewesen sein sollen. Jedoch wurde die Anklage gegen den Geheimdienstchef Karake von Beginn an von verschiedenen Seiten kritisiert. Nicht nur aus der Wissenschaft ertönten kritische Stimmen, auch der US-Botschafter in Ruanda bezeichnete die Vorwürfe als „unerhört und ungenau“. Mit der Entscheidung des Londoner Gerichts fühlen sich nun alle Skeptiker_innen und Unterstützer_innen Karakes bestätigt, die in den Beschuldigungen jegliche Grundlage vermissten. Spaniens Oberster Gerichtshof will über die Anklage am 5. September seine letztgültige Entscheidung fällen.