Von einem, der auszog, ein Zeichen zu setzen…

Von einem, der auszog, ein Zeichen zu setzen…

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An 20 von 25 Münchner Nachtclubtüren wurde er abgewiesen. Für Hamado Dipama aus Burkina Faso ein eindeutiger Fall von Rassismus. Gegen sechs Münchner Nachtclubs hat er nun Klage eingereicht.

Hamado Dipama will erreichen das rassistische Türpolitik in Nachtclubs endlich keine Chance mehr hat. Foto: privat von Hamado Dipama

Dipama ist Mitglied des Ausländerbeirats München und wollte den Gerüchten, dass man es als Schwarzer Mensch schwer habe, in Nachtclubs hineinzukommen, auf den Grund gehen. Dazu testete er im Auftrag des Ausländerbeirates mit Mitstreitern unterschiedlicher Herkunft an einem Wochenende im April 2013, wer von ihnen Einlass in die Clubs erhalten würde. In 4 von 5 Fällen wurde den Menschen afrikanischer oder türkischer Herkunft der Einlass verwehrt. Oft mussten sie sich Begründungen anhören wie: „nur für Studenten“ oder „geschlossene Gesellschaft“. Die weißen Testpersonen erhielten in denselben Clubs jedoch überall Einlass.

Der Undercovertest sorgte letztes Jahr für Aufsehen, machte er doch eins deutlich: Selektiert wird nicht nur danach, wer die teuersten Sachen trägt, sondern eindeutig auch danach, welche Hautfarbe und Herkunft jemand hat. Seit der Einführung des ‘Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes‘ im Jahr 2006 ist es gesetzlich jedoch verboten, auch im privatrechtlichen Rahmen, Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu diskriminieren. Daher wurde nach Durchführung des Tests und seinem ernüchternden Ergebnis gegen zehn schwerwiegende Fälle ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. Dipama damals dazu: „Ich wünsche mir, die Clubs mögen anerkennen, dass es diese Form von Rassismus gibt, und Maßnahmen gegen ihn ergreifen. Tun sie das, ist die Sache für mich abgehakt.“ Daraufhin erklärte sich einer der Clubs zu einer Antidiskriminierungsschulung bereit, zwei weitere waren offen für Gespräche, während die sieben anderen die Teilnahme an dem Schlichtungsverfahren verweigerten.

Gegen sechs der nicht teilnehmenden Nachtclubs wurde nun Klage eingereicht. „Die Tatsache, dass der Großteil der Clubs noch nicht einmal an den Schlichtungsverfahren teilgenommen hat, zeigt, dass Rassismus in ihren Clubs verharmlost wird. Es kann nicht sein, dass man eine große Zahl der Münchner_innen hier vom öffentlichen Leben ausschließt! Mit der Klage möchten wir erreichen, dass Alltagsrassismus endlich thematisiert und bekämpft wird!“, so Dipama.

Die ersten Gerichtstermine fanden mittlerweile statt, doch eine schnelle Urteilsfindung darf nicht erwartet werden, denn die Nachtclubbesitzer wiegeln ab: „Ob man in einen Club reinkommt oder nicht, hängt von vielen Dingen ab“, meint Alexander Wolfrum, Vorsitzender des Verbandes der Münchner Kulturveranstalter. „Ein Mann im Anzug kommt nun einmal nicht so einfach in einen Techno-Club.“ Die Abweisung sei also keine Frage der Hautfarbe, sondern einfach eine ganz normale Erscheinung des Münchner Nachtlebens. Man toleriere keine Form von Rassismus und fühle sich zu Unrecht angeklagt. „Meiner Meinung nach hat Herr Dipama hier gar kein Rassismus-Phänomen wahrgenommen, sondern ein Nachtleben-Phänomen“, sagte Pacha-Chef Michi Kern. Der Verband habe aber bereits im März 2014 ohne äußeren Anlass eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit den Themen Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Hass auseinandersetzt. Gibt es also doch ein Problem?

Zu klären hat dies nun das Amtsgericht München. Am ersten Verhandlungstag machte Richter Ulrich Locher jedoch bereits deutlich, dass es in der Verhandlung nicht darum ginge, festzustellen, „ob es Rassismus in dieser Gesellschaft gibt. Denn den gibt es.“, noch darum, ob die Betreiber des Clubs rassistisch seien. Er müsse allein darüber entscheiden, „ob der Türsteher an diesem Abend eine Auswahl nach unzulässigen Kriterien getroffen hat.“ Eine Beweisführung dazu sei schwierig. Es steht Aussage gegen Aussage. Die Begleiter Dipamas bestätigten seine Angaben in weiten Teilen, konnten sich jedoch nicht an den genauen Wortlaut der Vorfälle erinnern. Die Betreiber der Clubs sehen bei sich keinerlei Schuld oder Handlungsbedarf. Zudem gibt es bisher nur wenige Referenzfälle, an denen sich ein Richter bei der Urteilsfindung orientieren kann, obwohl die Problematik kein reines Münchener Problem ist.

2011 verklagte ein Student einen Club in Bremen wegen rassistischer Türpolitik und bekam vom Gericht Recht und sein Schmerzensgeld in Höhe von 300 Euro zugesprochen. 2008 gewann ein kamerunischer Student vor dem Arbeitsgericht Oldenburg. Wann in den nun sechs zu verhandelnden Fällen Urteile zu erwarten sind, lässt sich nicht voraus sagen. Richter Locher fasste es so zusammen: „Was man da glaubt oder nicht, ist immer schwierig“. Fakt ist jedoch, Herr Dipama „war nicht alkoholisiert, er war nicht aggressiv, der Club war nicht voll.“ Hamado Dipamas „Glaube an den Rechtsstaat ist noch da. Sollte ich keinen Erfolg vor Gericht haben, bin ich bereit weiterzukämpfen und in Berufung zu gehen.“ Ihm geht es mit den Klagen nur um eins: „dass die Clubs eine Erklärung unterschreiben, diese rassistischen Praktiken künftig zu unterlassen. Er will ein Zeichen setzen!

 

Foto: privat von Hamado Dipama