Wohnen in Flüchtlingsheimen und – Unterkünften in Zeiten der Corona-Pandemie

Wohnen in Flüchtlingsheimen und – Unterkünften in Zeiten der Corona-Pandemie

0 2083

The African Network of Germany e.V. fordert einen sicheren und geschützten Wohnraum für alle Geflüchteten in Corona-Zeiten, um die erhöhte Infektionsgefahr in Gemeinschaftsunterkünften einzudämmen.

Foto: CC0

Mindeststandards für alle Flüchtlingsheime und Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland sind in Zeiten der Corona-Pandemie besonders gefährdet. In Massenunterkünften, Sammelküchen, gemeinsam genutzten Sanitäranlagen und Mehrbettzimmern kann sich das Virus rasant verbreiten. Menschen, die auf engem Raum leben, können sich nicht selbst isolieren oder den gebotenen Mindestabstand zwischen 1,5 und 2 Meter nicht einhalten. Der Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus ist unter solchen beengten Wohnverhältnissen nicht möglich. Bei der Eindämmung darf nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Dies haben auch zwei Gerichtsurteile bestätigt. Während für die einheimische Bevölkerung der Rückzug in die Privatwohnung, häufiges Händewaschen und Minimierung sozialer Kontakte möglich ist, haben geflüchtete Menschen in Sammelunterkünften diese Möglichkeit nicht.

Kommt es zu einer Corona-Infektion in einer Flüchtlingsunterkunft, ist laut einer Studie des Forschers Kayan Bozorgmehr von der Universität Bielefeld das Risiko einer Ansteckung im Schnitt etwa so hoch wie auf einem Kreuzfahrtschiff. Flüchtlingsheime und -unterkünfte könnten damit zu einem Corona-Hotspot werden. Dies haben auch die Ereignisse der vergangenen Wochen gezeigt. In einem Flüchtlingsheim in Sankt Augustin bei Bonn sind beispielsweise 130 Flüchtlinge positiv auf Corona getestet worden. Das erste positive Testergebnis war am 14.05.2020 bekannt geworden. Anschließend wurden in dem Flüchtlingsheim insgesamt 300 Speichelproben genommen. 130 Proben sind positiv. Symptome hat bisher noch niemand entwickelt.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte am 23. April 2020 auf Anfrage des Tagesspiegels, dass aus den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betriebenen Unterkünften 328 Corona-Infizierte an 19 Orten in zwölf Bundesländern  gemeldet worden sind. Um die Verbreitung des Virus zu stoppen und die Geflüchteten selbst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus zu schützen, muss der Anspruch auf Wohnfläche erhöht werden. Bislang hat jeder Geflüchtete, der in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt, Anspruch auf sieben Quadratmeter Wohnfläche. Dieser Anspruch muss während der Corona-Pandemie auf mindestens 14 Quadratmeter verdoppelt werden.

Am 11.Mai hat das Verwaltungsgericht Münster im Zuge der Corona-Pandemie das Urteil erlassen, dass eine schwangere Asylsuchende aufgrund der hohen Virus-Ansteckungsgefahr nicht weiter in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende wohnen muss (mehr dazu hier).

Um allen Geflüchteten einen sicheren und geschützten Wohnraum in Flüchtlingsheimen und Flüchtlingsunterkünften in Corona-Zeiten zu gewährleisten, fordert TANG e.V. folgende Maßnahmen:

  1. Die gemeinschaftlich genutzten Flure müssen desinfiziert werden.
  2. Es müssen genügend Toiletten und Duschen vorhanden sein und die Sanitärräume müssen zwei-bis drei Mal am Tag gereinigt werden.
  3. Die gebotenen Abstandsregeln müssen auch bei der Benutzung der Gemeinschaftsküche eingehalten werden können, dabei soll jedes Zimmer feste Kochzeiten zugeteilt bekommen.
  4. Die Bewohner*innen müssen ausreichend mit Hygieneartikeln (Masken, Seifen, Desinfektionsmittel) versorgt werden.
  5. Die positiv getesteten Bewohner*innen müssen von den negativ getesteten klar getrennt werden.
  6. Die soziale Betreuung durch hauptamtliche Fachkräfte muss in der Unterkunft gesichert sein bzw. gestärkt werden: Fachkräfte müssen die Möglichkeit haben, vor Ort Beratung anbieten zu können und Informationen über COVID-19 und die Prävention müssen in verschiedenen Sprachen angeboten werden.
  7. Die medizinische Versorgung und regelmäßige Tests müssen sichergestellt sein.
  8. Ältere Menschen mit Vorerkrankungen, Schwangere und Kleinkinder müssen in Wohnungen oder Hotels statt in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.
  9. Die Digitalisierung in den Gemeinschaftsunterkünften muss ausgebaut werden (IT-Raum mit PC-Arbeitsplätzen inkl. Drucker schaffen), damit schulpflichtige Kinder in der Lage sind, am derzeitigen Online-Unterricht teilzunehmen.
  10. Die Verpflegung muss warme und ausreichende Mahlzeiten für jeden Bewohner enthalten, unter Berücksichtigung der landestypischen Essgewohnheiten.
  11. Kommt es in einer Massenunterkunft zu Tests, Isolierungen von einzelnen Bewohner*innen oder Quarantäne, müssen diese Maßnahmen frühzeitig und geduldig erklärt werden, da entsprechende Eingriffe große Ängste und Unruhen auslösen können.

 

TANG e.V.