Ägyptens Ex-Militär ist neuer Präsident
Die Erwartungen an Ex-Militär al-Sisi sind sehr hoch, auch wenn die Wahlen um einen Tag verlängert wurden und viel weniger, gerade junge Leute zu den Wahlen erschienen sind, ist Sisi der nächste Präsident von Ägypten. Er wurde von den Medien so sehr unterstützt und gefördert, dass er eigentlich kaum Wahlkämpfe führen musste. Wahlkämpfer gab es ohnehin kaum, der einzigen Gegenkandidat in diesem Jahr war Hamdin Sabahi, dessen Wahlplakate man in ganz Ägypten an einer Hand abzählen konnte. Hamdin Sabahi und sein Unterstützer Hassan Ismail konnten sich leider keine Wahlplakate für die Kandidierung leisten, wie sie in einem Interview verrieten. Dagegen gab es die Sisi-Plakate wie Sand am Meer. Aber nicht nur Plakate, sondern auch Graffitis, Wimpel, Fahnen, Aufkleber, T-Shirts, sogar Geldscheine gibt es von al-Sisi. Jede zweite Heckscheibe, Hauswand und jeder Betonpfeiler in der ägyptischen Hauptstadt Kairo trägt al-Sisis Abbild. An den Wahltagen standen auf einer großen Nil-Brücke, nahe dem Zentrum von Kairo, mehr als mannshohe Papp-Pyramiden mit dem Bildnis al-Sisis und der Aufforderung zur Wahl des neuen Präsidenten. Dadurch waren es leider alles andere als faire Wahlen.
Die sogenannten Sisimania (al-Sisi-Anhänger) sind nun guter Dinge. Es gehören heute in Ägypten noch viel mehr Menschen zu den al-Sisi-Unterstützern als unentschlossene Menschen, die sich von den Medien beeinflusst haben lassen. Die Menschen, die das Chaos in ihrem Land satt haben. Amre Mussa von der Arabischen Liga und das Tamarod Bündnis, dass 2013 die Massenproteste gegen Mursi organisierte, riefen auch zur Wahl für al-Sisi auf. Auch Leute, die eigentlich keine Sisi-Anhänger in dem Sinne sind, kreuzen auf den Wahlzetteln für den Ex-Feldmarschall an, einfach nur, weil sie der Meinung sind, dass heutzutage nur noch das Militär in der Lage ist, Ordnung in Ägypten zu schaffen. Eine Mehrheit der Stimmen hat al-Sisi auch der Abneigung Einiger gegenüber den Muslimbrüdern zu verdanken, die einzig und allein aus dem Grund für al-Sisi gestimmt haben, um zu zeigen, dass sie gegen deren Überzeugung sind. Andererseits ging ein erheblicher Teil Ägyptens überhaupt nicht zur Wahl. Es ist überwiegend die junge Generation Ägyptens, die dieses Jahr kein Kreuz gesetzt hat. Die Jugendbewegung, die sich 2011 dem ehemaligen Präsidenten Mubarak in den Weg stellte, ist entweder im Gefängnis, abgetaucht oder voller Frustration. Dazu kommt noch, dass al-Sisi vor wenigen Wochen beschloss ,die Jugendbewegung 6. April ein für alle mal zu verbieten. Ägyptens Jugend hat Angst vor einem zweiten Mubarak.
Abdel Fattah al-Sisi hat den fragwürdigen Wahlkampf so gut wie ohne Gegenstimmen für sich entschieden, umso höher sind die Erwartungen an den ehemaligen Armeechef. Eines der größten Probleme, das Ägypten hat, bleibt die Armut, sie muss an erster Stelle kommen, sagt Sonja Hegasay (deutsche Islamwissenschaftlerin und Vizedirektorin des Zentrums Moderner Orient). Alle anderen Probleme seien erst einmal zweitrangig. Zweitrangig, aber doch relevant. al-Sisis Aufgabe ist es unter anderem, dem wirtschaftlichen Untergang entgegen zu wirken, die Kriminalitätsrate sowie die Umweltverschmutzung in den Griff zu bekommen und den überaus wichtigen Wirtschaftsförderer Tourismus im Lande wieder anzukurbeln. Dass al-Sisi jetzt positive Ergebnisse liefern muss, weiß er, aber die Frage, die im Raum steht, ist, ob er es kann.
Kevin Gerber