BMZ in Kreuzverhör
Christoph Rauh, Vertreter des Bundesminsterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung stellte sich den Fragen und Anmerkungen der Zivilgesellschaft zur neuen Afrika-Politik des BMZ.
Bis auf den letzten Platz war das Afrika-Haus in Berlin-Moabit am Nachmittag des 12. Novemer 2014 gefüllt. Einige wenige ließen sich sogar dazu hinreißen, auf dem Boden Platz zu nehmen. Alle wollten dabei sein, wenn sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Fachgespräch mit Zivilgesellschaft und Akteuren der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit auseinandersetzt. Anlass bot die im März 2014 veröffentlichte afrika-politische Initiative des BMZ.
Das Strategiepapier mit dem müden Titel „Afrika auf dem Weg vom Krisen- zum Chancenkontinent“ nennt die Schwerpunkte zukünftiger Afrika-Politik des BMZ. Darunter altbekannte Punkte wie unter anderem Verbesserung der Gesundheitsversorgung, Ausbau von Partnerschaften und Förderung von Good Governance, die durch konkrete Umsetzungsmöglichkeiten ergänzt werden. Doch wie beurteilen Experten und die Zivilgesellschaft die Strategie des Ministeriums. Eingeladen von der Stiftung Nord-Süd-Brücken stellte sich Christoph Rauh, Referatsleiter für Grundsatzfragen des BMZ den Fragen und Anmerkungen von François Tendeng, Pädagoge und Vorsitzender des African Network for Education and Entertainment (ANEE) e.V. und Hinrich Kuessner von Deutsch-Afrikanische Zusammenarbeit e.V. in Greifswald im Podium.
Rauh, der insbesondere die zukünftige Zusammenarbeit mit den Regionalorganisationen wie ECOWAS, EAC und der Afrikanischen Union betonte, stieß bei Tendeng auf Zustimmung. Die Grenzziehungen in kolonialen Zeiten seien unnatürlich und die Arbeit mit Regionalzusammenschlüssen statt mit den einzelnen Staaten daher ratsam. Tendeng fehle insbesondere aber der Genderaspekt, der vom BMZ nur am Rande erwähnt blieb. „Afrika hat keine Chance, wenn Frauen keinen Zugang zur Wirtschaft bekommen“, betonte er. Wichtig, aber in der neuen Afrika-Politik unerwähnt, blieb auch die Frage nach der Dekolonialisierung Afrikas, kritisierten sowohl Tendeng als auch Kuessner. Afrikas Wirtschaft müsse fähig werden für den Weltmarkt, ergänzte Kuessner. Er wünschte sich mehr Engagement des BMZ beim Aufbau gerechter globaler Handelsstrukturen.
Ungeduldig wartete das Publikum auf seinen Einsatz. Rasch schnellten die Arme in die Höhe, als das Podium für Fragen aus dem Zuschauerraum geöffnet wurde. Vermehrt forderten Teilnehmer das Potenzial zivilgesellschaftlichen Engagements von Migranten in Deutschland sowie jenes der Menschen vor Ort zu nutzen und zu stärken. Besonders stark diskutiert wurde an diesem späten Nachmittag der Aspekt Good Governance und wie wichtig dieser tatsächlich in Hinsicht auf Afrikas Zukunft sei. Eine Besucherin stellte die Frage, ob sich Europa denn unter Good Governance zu dem entwickelt, was es heute sei und erntete Gemurmel und zustimmendes Schmunzeln aus dem Publikum. Auf die Stärkung der Medien solle noch expliziter vom BMZ eingegangen werden, verlangte eine der Redner_innen und Rauh verwies auf den Konflikt zwischen BMZ und Auswärtigem Amt, das gewöhnlich für internationale Medienförderung zuständig sei.
BMZ-Vertreter Rauh notierte sich fleißig die Anmerkungen aus Podium und Publikum, hatte er doch anfangs betont wie wichtig die Auseinandersetzung mit der Öffentlichkeit sei. Nach zwei Stunden und einem Sauerstoffgehalt des Afrika-Hauses gegen Null tendierend, ging das Fachgespräch mit zufriedenen Teilnehmern zu Ende.