Schwedische Journalisten zu elf Jahren Haft verurteilt
Johan Persson, 29, und Martin Schibbye, 31, waren bereits Anfang Juli in Begleitung von Mitgliedern der Nationalen Befreiungsfront von Ogaden (ONLF) verhaftet worden. Die ONLF streitet für die Unabhängigkeit der Ogaden-Region im Südosten Äthiopiens und wird von der Regierung des Landes als Terrorgruppe betrachtet.
Wie die Financial Times Deutschland schreibt, seien die Journalisten mit Hilfe der ONLF von London aus über Kenia und Somalia nach Äthiopien gelangt. Die illegale Einreise hätten sie im Prozess zugegeben, sich aber vom Vorwurf distanziert, Terroristen unterstützt oder gar Waffentraining erhalten zu haben.
Das Gericht in der Hauptstadt Addis Abeba, vor dem der Fall verhandelt wurde, hielt es jedoch für unwahrscheinlich, dass die Reporter allein zu Recherchezwecken gemeinsam mit bewaffneten Rebellen über die Grenze gekommen seien. So lautete das Urteil, das schon vergangene Woche verkündet worden war, auf „strengen Freiheitsentzug“ wegen „terroristischer Aktivitäten“ sowie illegalen Einreisens. Die Angeklagten sollen es regungslos aufgenommen haben.
Nach eigener Aussage seien sie unterwegs gewesen, um zu den Unternehmungen der schwedischen Ölfirma Lundin Oil zu recherchieren, berichtet SPIEGEL ONLINE. In London und Nairobi hätten sie sich ausschließlich aus beruflichen Gründen mit Rebellenführern der ONLF getroffen.
Laut der südafrikanischen Zeitung Times LIVE hätte die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe von 18 Jahren und sechs Monaten Haft gefordert. Angesichts des guten Rufs der Angeklagten sowie der Tatsache, dass sie strafrechtlich bisher nie aufgefallen seien, hätte das Gericht jedoch Milde walten lassen.
Schon während des Prozesses hatte zum Beispiel Amnesty International die sofortige Freilassung der zwei angeklagten Reporter gefordert. Auch der schwedische Premier Fredrik Reinfeldt sagte nach der Urteilsverkündung, Persson und Schibbye seien unschuldig und müssten freigelassen werden; er kündigte an, unverzüglich Kontakt zur äthiopischen Regierung aufzunehmen. Der Schwedische Journalistenverband habe das Urteil „politisch bedingt“ genannt, schreiben verschiedene Medien. Äthiopien wolle offenbar Recherchen zu Menschenrechtsverletzungen in der Region Ogaden verhindern.
N. W., 27.12.2011