Von Innovation und Produktivität der Kleinbauern

Von Innovation und Produktivität der Kleinbauern

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Expertenrunde diskutiert weitere Ansätze für die afrikanische Agrarwirtschaft in Berlin

Foto: Afrika Medien Zentrum

Am 28. August 2014 debattierten verschiedene Expert_innen die Frage „Wie kann die Produktivität der afrikanischen Landwirtschaft angekurbelt werden?“ und gaben interessante Einblicke zum Stand der Agrarreformen in Afrika. Die Veranstaltung im Hotel Maritim in Berlin wurde von der Konrad Adenauer Stiftung in Zusammenarbeit mit der Initiative Südliches Afrika (INISA) ausgerichtet. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Professor Awudu Abdulai, der derzeit am Institut für Ernährungsökonomie an der Universität Kiel lehrt.

Die Landwirtschaft bietet nach wie vor die meisten Arbeitsplätze für die afrikanische Bevölkerung und erlangt allein aus dieser Tatsache eine übergeordnete Bedeutung. Hinzu kommt, dass sich Afrikas Bevölkerung bis 2050 verdoppeln wird, während gleichzeitig immer mehr Menschen vom Land in die Städte ziehen. Schon heute müssen fast alle afrikanischen Länder Lebensmittel importieren, und dieser Trend wird sich aufgrund der Landflucht noch verstärken. Dr. Aggrey Agumya ist technischer Berater des geschäftsführenden Direktors des Forum for Agricultural Research in Africa (FARA). Ihm zufolge ist die Hauptaufgabe der letzten zehn Jahre gewesen, afrikanische Regierungen davon zu überzeugen, Landwirtschaft zu ihrer Priorität zu ernennen. Jetzt gehe es darum, wirksame Richtlinien zu erlassen und umzusetzen.

Im Zentrum der Diskussion standen Fragen nach zukünftigen Investitionen, Technologie- und Wissenstransfers, Nachhaltigkeit und die Rolle von Kleinbauern. Die Bundesinitiative One world – No Hunger fasst dabei verschiedene Ansätze zusammen, fokussiert ihre Arbeit jedoch auf die Verbesserung des Marktzugangs für Bauern und den Wissenstransfer, so Dr. Stefan Schmitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

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Innovation spiele hierbei eine bedeutende Rolle. Denn die Produktivität der Agrarwirtschaft in Afrika müsse mittels zusätzlicher Faktoren gesteigert werden, die über die bisherigen Maßnahmen Investitionen oder Ausweitung der Nutzflächen hinausgehen. Dr. Schmitz verweist hierbei auf Untersuchungen, die 70 Prozent der globalen Produktivität auf Innovation zurückführen.

Dr. Susanne Neubert, Direktorin des Seminars für Ländliche Entwicklung (SLE) weist unterdes daraufhin, dass Produktivitätssteigerung lediglich einen Punkt unter vielen darstelle. Zunächst müsse es darum gehen, die lokalen Herausforderungen genauer zu untersuchen und lösungsorientiert zu agieren. Sie warnt davor, europäische Mechanismen zur Produktivitätssteigerung zu verallgemeinern und auf afrikanische Gegebenheiten übertragen zu wollen. So stelle das Thema Wassermanagement eine weit größere Herausforderung für afrikanische Bauern dar, als dies in Europa der Fall sei. Auch das Problem der Bodenerosion aufgrund von fehlenden Düngemitteln müsse neu angegangen werden, da Düngemittel in Afrika bis zu viermal teurer seien als in Europa. Des Weiteren gebe es nach wie vor Länder, die Monokultur betreiben und dadurch Bodenerosion erzeugen. Hier zieht Dr. Neubert jedoch auch die staatlichen Subventionen zur Verantwortung, die den Anbau von Monokulturen begünstigen. Auf all diese lokalspezifischen Erschwernisse müsse bei der Planung von Agrarreformen stärker eingegangen werden als bisher geschehen.

Auch gibt Dr. Neubert zu bedenken, dass risikoreiche Investitionen von Kleinbauern mit dem Ziel der Innovation schnell existenzgefährdend wirken können und demnach gleichzeitig zur Kreditvergabe auch Schulungen im Finanzmanagement angeboten werden müssen.

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Michael Brander, Strategieberater der Biovision Foundation, antwortete auf die Frage, welche Erfolge mithilfe von ausländischen Investitionen erzielt worden seien. Ihm zufolge gibt es viele Investitionen, die trotz mangelndem Wissen über die lokalen Gegebenheiten getätigt worden sind. Auch wenn sich einige positive Entwicklungen von ausländischen Großinvestitionen ableiten lassen, müssten sich die Geldgeber vorab besser informieren und die ansässigen Kleinbauern nicht vom Markt verdrängen. Eine Folge der ausländischen Kapitalanlagen ist nach Dr. Neubert auch die Einführung von Eigentumsurkunden in Gegenden, in denen Land bislang nicht als individueller Besitz beansprucht werden konnte. Dadurch ergab sich ein Nachteil für Kleinbauern, die mit dem massenhaften Erwerb von Land der großen Konzerne nicht mithalten konnten. Kenia, welches klare Regelungen zu Landerwerb und Besitz vorweisen kann, bilde in Afrika nach wie vor die Ausnahme, so Professorin Chinwe Ifejika Speranza vom Institut für Geographie der Universität Bonn. Da aber in vielen ländlichen Regionen kein Eigentümer_in ausfindig zu machen ist, brauche man soziale Macht und gute Netzwerke, um die vorgeschlagenen Agrarreformen durchsetzen zu können.

Laut Professorin Speranza sind die neuen Ansätze allesamt wichtig und notwendig. Dennoch betont sie, dass zunächst auf Veränderungen in der politischen Sphäre und besonders im Verwaltungsapparat afrikanischer Staaten hinzuarbeiten ist, bevor weitere Investitionen zur Debatte stehen könnten. So beklagte sie, dass das Agrarministerium in den wenigsten Staaten tatsächlichen Einfluss auf die Politik ausüben könne. Diese fehlende Stärke könne durch Kooperationen mit beispielsweise dem Finanzministerium ausgeglichen werden. Zudem fordert Speranza, dass die Auszahlung des bewilligten Budgets an die lokalen Verwaltungsbeamten_innen wie vorgeschrieben am Anfang jedes Jahres ausgezahlt werden solle. In der Praxis erhielten viele Zuständigen ihr Budget erst im August und könnten somit keine verlässlichen Planungen vornehmen.

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