Ägypten: Schwerste Unruhen in Kairo seit dem Sturz Mubaraks

Ägypten: Schwerste Unruhen in Kairo seit dem Sturz Mubaraks

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Mehrere tausende koptische Christen und Muslime waren gemeinsam auf die Straßen Kairos gegangen um friedlich gegen die Gewaltattacken und Diskriminierungen gegenüber der christlichen Minderheit zu protestieren; Anlass war ein aktueller Brandanschlag auf eine koptische Kirche in der Region Assaun.

Die Ursache der Ausschreitungen war bisher unklar. Koptische Augenzeugen berichten von Angriffen des Militärs ihnen gegenüber, als sie auf dem Weg zum Tahrir Platz waren; jener berühmte Platz, auf dem der Arabische Frühling begann. Anderen zu Folge wurden Flaschen und Steine auf die ägyptischen Sicherheitskräfte geworfen, vermutlich von Schlägern, die sich unter die friedlich demonstrierende Masse gemischt hatten um Chaos zu verbreiten.

Das ägyptische Militär reagierte sofort auf brutalste Weise mit Schlagknüppeln und Tränengas. Die Situation geriet außer Kontrolle. Demonstranten werten sich mit von Soldaten abgenommenen Waffen und steckten Fahrzeuge in Brand; Augenzeugen und Fernsehbilder berichten von einem Armeefahrzeug, welches gezielt in hohem Tempo mehrmals in die Menge stieß und dabei mehrere Menschen tötete.

Während anfangs noch Christen und Muslime gemeinsam gegen Gewalt demonstriert hatten, entwickelte sich die Lage immer mehr zu einer Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen. Propagiert wurde das vor allem durch den ägyptischen Staatskanal Channel 1, der muslimische Bürger dazu aufrief, den Soldaten zur Seite zu stehen, denn Christen würden randalieren und Soldaten töten. Es folgten bewaffnete islamistische Gruppen, die sich in das Gefecht mischten und zu noch mehr Gewalt führten.

Christliche Geschäfte wurden angegriffen und verwüstet und vor dem koptischen Krankenhaus kam es zu weiteren Sachschäden und brennenden Autos. Die koptischen Christen machen gerade mal 10% der ägyptischen Bevölkerung aus und sind damit eine klare Minderheit. Immer wieder kam es in den letzten Wochen zu Übergriffen gegenüber koptischen Christen, viele waren seit Mubaraks Sturz aus dem Land geflohen, darunter vor allem die koptische Elite. Für den 28. November sind die ersten Wahlen nach Mubarak angesetzt. Momentan zeigen besonders die Muslimbrüder und andere islamistische Bewegungen Einfluss in der ägyptischen Politik; für die koptischen Christen gibt es keine stimmgerechten Vertreter in der Regierung.

Ein Gesetz bestimmt den Bau von Kirchen nur unter der Zustimmung des Präsidenten. Bei einer wahrscheinlich fundamental-islamistischen Regierung, die einen islamischen Gottesstaat zum Ziel hat, wird auch nach den Wahlen Diskriminierung zu weiteren Auseinadersetzungen führen. Die Frage ist, ob ein friedliches Zusammenleben möglich ist. Doch Fakt ist auch, dass nicht alle Muslime gegen die christliche Minderheit sind, aber vor allem die anhaltende Macht des Militärs noch immer für Unzufriedenheit sorgt. Es lassen sich nicht alle im Land gegeneinander aufhetzen, denn die Sehnsucht nach Frieden und Freiheit ist sowohl bei Christen und Muslimen groß.

„Wer immer es war, uns Ägypter als Volk zu spalten, ist die dreckigste Karte, die hier gerade ausgespielt wird." sagte die Muslimin Rana Gaber.

Der Ministerpräsident Essam Sharaf berief für heute, Montag, eine Krisensitzung um die Lage zu diskutieren, und bat das Volk sich zu beruhigen. Sharaf sagte, dass die Uneinigkeit zwischen Muslimen und Christen in Ägypten eine „Bedrohung für die Landessicherheit“ sei.

 

Z.E. 10.10.2011

 

 

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