Entkolonisierung der Namen

Entkolonisierung der Namen

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Die nach einem deutschen Reichskanzler benannte Caprivi-Region im Norden Namibias heißt ab sofort Sambesi-Region, wie der Grenzfluss zu Sambia im Norden des Abschnitts. Das gab die namibische Regierung am Donnerstag bekannt. Die Umbenennung des 450m² großen Naturreservats ist Teil von Namibias Bemühungen, sich von seinem kolonialen Erbe zu befreien. Der Caprivi war nach dem ehemaligen deutschen Reichskanzler, Leo von Caprivi, benannt worden. Auch andere Orte wurden umbenannt: die Stadt Schuckmannsburg und der Hafen von Luderitz heißen jetzt Lohonono und Naminus.

Die Abschaffung von Bezeichnungen, die an rassistische deutsche Kolonialisten erinnerten, sei überfällig gewesen, gab die Leiterin der Wahlkommission gegenüber der Tageszeitung «The Namibian» zu verstehen.

Von 1884 bis 1915 war Namibia eine deutsche Kolonie, die bis heute ihre Spuren hinterlassen hat: unter anderem sind die meisten Straßennamen in der Hauptstadt Windhoek nach wie vor deutsch. Der Tag vor der Umbenennung des Caprivi kennzeichnete den 129. Jahrestag, an dem der Kaufmann Adolf Lüderitz die deutsche Flagge im südlichen Afrika hisste und das Land unter dem Namen Deutsch-Südwestafrika unter den „Schutz des deutschen Reichs“ stellte.

Bismarck war deutschen Kolonien auf dem Kontinent lange abgeneigt gewesen, aber unter dem Druck einer Lobby aus Handels- und Schifffahrtsvertretern änderte er 1884 seine Meinung. Er erlaubte Adolf Lüderitz, dem Gründer eines Handelskontors am Südatlantik, das Hissen der deutschen Fahne. Auch entlang der west- und der ostafrikanischen Küste verfolgte Berlin von nun an aggressiv Gebietsansprüche, aus denen Kolonien im heutigen Togo, Kamerun und in Tansania entstanden, die bis zur Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg Bestand hatten.

In Ostafrika lieferten sich Bismarck und sein Nachfolger Caprivi freilich auch ein reines Scheingefecht mit Grossbritannien. Sie meldeten Ansprüche an der heutigen Nordküste Kenyas und im Gebiet der Großen Seen an, mit dem Ziel, London zur Aufgabe der damals britischen Insel Helgoland in der Nordsee zu bewegen. Deutschland befürchtete eine britische Kronkolonie wie Gibraltar oder Malta, welche die Schifffahrtswege nach Bremen und Hamburg hätte beherrschen können. Als London auf den Poker einging und im Austausch für Helgoland ein britisches Protektorat über das Tansania vorgelagerte Sansibar sowie die Aufgabe aller deutschen Ansprüche in Kenya und westlich des Malawisees forderte, willigte Caprivi ein.

Aber der Kanzler bat um einen kleinen Zusatz zu dem aus deutscher Sicht großzügigen Austausch, eine britische Geste gewissermaßen. Sie sollte in einem Landstreifen liegen, der Deutsch-Südwestafrika mit dem Lauf des Sambesi und damit mit dem Indischen Ozean und den Gewässern bei Deutsch-Ostafrika (dem heutigen Tansania) verband. Salisbury willigte ein – so entstand der Caprivi- oder neu: der Sambesi-Streifen.

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