Podiumsdiskussion Afrikas Befreiungen und Mandelas Erbe – Fragen und Perspektiven nach 20 Jahren
Am Donnerstag, den 28. November, fand im Amerongen-Schleyer-Saal des Hauses der deutschen Wirtschaft in Berlin-Mitte die Podiumsdiskussion Afrikas Befreiungen und Mandelas Erbe – Fragen und Perspektiven nach 20 Jahren statt.
Auf der Veranstaltung waren Frans Cronje, ein Vertreter des Institute of Race Relations aus Südafrika, Matthias Seichel, Fachreferent für Afrika des Bundesministeriums für Entwicklungshilfe und Repräsentanten der Friedrich Naumann Stiftung anwesend, bedauerlicherweise war kein Schwarzafrikaner unter den Rednern. Die erste Hälfte der Veranstaltung behandelte die drei sogenannten Wellen der Befreiungsbewegungen in Afrika seit 1957: die politische Unabhängigkeit, den Sturz der Diktaturen und die Etablierung einer good governance.
Das Hauptthema des Abends war allerdings die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Republik Südafrika seit dem Ende des Apartheid-Regimes 1994. Frans Cronje hielt zu diesem Thema einen Vortrag. Er stellte heraus, dass es heute deutlich mehr Fachzulassungen, Stromanschlüsse und feste Behausungen in Südafrika gebe, als vor 20 Jahren. Im gleichen Zug hätten aber auch Arbeitslosigkeit und Proteste gegen die Regierung zugenommen. In den nächsten Jahren könnte Südafrika sogar von anderen afrikanischen Nationen von seiner wirtschaftlichen Führungsrolle auf dem Kontinent verdrängt werden. Besonders negativ auf die südafrikanische Wirtschaft wirkten sich laut Cronje die ungünstigen Bedingen für ausländische Investoren aus.
Doch dies spiegelt das negative Bild wider, welches während der gesamten Veranstaltung von Südafrika gezeichnet wurde: Südafrika sei ein unterentwickeltes Land und es gebe zahlreiche Probleme in der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes, die auf innenpolitische Schwächen zurückgingen. Gleiches gelte für Afrika insgesamt. Noch immer behinderten vor allem autokratische Regime den wirtschaftlichen Aufschwung. Weiterhin seien im politischen Bereich Korruption und Amtsmissbrauch am schlechten Zustand der afrikanischen, im Besonderen der südafrikanischen Wirtschaft schuld. Dies steht außer Frage. Die Schuld wurde bei der Veranstaltung aber nicht bei europäischen Konzernen gesucht, die mit ihren Produkten den afrikanischen Markt überschwemmen und die einheimische Wirtschaft ruinieren. Dies ist in dem Vortrag nur unzureichend zur Sprache gekommen.
Unter den Rednern in der anschließenden Podiumsdiskussion war auch ein Referatsleiter des Ministeriums für Entwicklungshilfe und ein Repräsentant der Friedrich Naumann Stiftung, die seit 1958 in der Welt für das deutsche „Erfolgsmodell“ der liberalen Wirtschaft wirbt. Für Südafrika ist es allerdings wichtig, von der Abhängigkeit ausländischer Entwicklungshilfe loszukommen und seine eigenen Stärken zu nutzen. Das liberale Wirtschaftssystem Europas auf Südafrika zu übertragen, ist auch nicht ohne Weiteres möglich. Viele Südafrikaner wählen vermehrt linksradikale Parteien, die auf eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft abzielen. Dies fand am Schluss der Podiumsdiskussion Erwähnung.
Im Anschluss hatten die Gäste die Gelegenheit Fragen zu stellen. Die rege besuchte Veranstaltung war sehr informativ und – trotz einiger Schwierigkeiten mit der Übersetzung – sehr gut verständlich. Allerdings muss auch angemerkt werden, dass von Afrika und der südafrikanischen Republik das Bild von zu entwickelnden Dritte-Welt-Ländern gezeichnet wurde, was aus den Medien hinlänglich bekannt ist. Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass die "entwickelte erste Welt" Afrika die politischen Richtungen und das Wirtschaftssystem vorgibt. Afrika und Südafrika sind eben nicht Europa und haben ihre Besonderheiten, die berücksichtigt werden müssen.
Im Großen und Ganzen war die Podiumsdiskussion zwar informativ, brachte aber keine überraschenden Erkenntnisse.
René Czeszinski